Als man im Hotel noch in Francs rechnete
Vorweihnachtszeit ist vor Fasching, also Zeit für Komödien. Das Schauspielhaus Salzburg setzt diesmal auf die gemütvolle Art.
Ja, da kann man sich durchaus in ein Hotel versetzt fühlen. An der Rezeption hängen die Zimmerschlüssel, da und dort ist Post zu sehen, und auf dem Bord liegt ein echt ausschauendes Reservierungsbuch. Die Hotelbar strahlt einige kühle Eleganz aus, die Drinks können stilvoll und gekonnt serviert werden. Das Doppelzimmer schließlich hat die obligaten dunklen Rottöne, die man sich in einer gehobeneren Kategorie erwartet, ein prominenter Rückenakt setzt einen malerischen Akzent und dezente Art-déco-Muster verweisen bescheiden, aber atmosphärisch triftig – man ist schließlich im Schauspielhaus Salzburg, wo man sich dekorationsmäßig nach der Decke strecken muss – auf ein luxuriöseres Appartement: Grand Hotel Palace eben.
Ausstatterin Isabel Graf jedenfalls hat aus den Möglichkeiten das Beste gemacht. Das Ganze ist auch noch drehbar, was rasche Szenenwechsel ermöglicht. Aber trotzdem kommt die Komödie „Grand Hotel Palace“nicht recht in Schwung. Ihr Autor, Marc Camoletti, nennt sie „Gaunerkomödie“, und tatsächlich ahnt man schon mit dem ersten Auftritt des Concierge Jean – Olaf Salzer hat dafür die nötige schlank aufragende Figur –, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Dafür ist auch das Toupet ein wenig zu auffällig angeklebt.
Jedenfalls ist Jean der jungen Dame aus nicht geringem Eigennutz überaus behilflich, die da in das Hotel kommt und von der er sofort weiß, sie werde das Zimmer nicht bezahlen können. Yael Hahn als Eve ist bei Weitem nicht nur eine schüchterne, sondern auch eine selbstbewusste Person. Der angebotenen Begegnung mit einem reichen Herrn von Zimmer 107 jedenfalls ist sie nicht abgeneigt. Ihren Freund, den sie als Bruder ausgibt, hält sie mit Zuckerbrot (für seine Rennpferdleidenschaft) und (sanfter) Peitsche in Schach. Aber Martin Brunnemann wird sich ohnehin bald in das Töchterchen des reichen Herrn verschauen, die eigentlich gar kein Töchterchen ist und die mit dem ihr verlobten wasser- und milchtrinkenden Bubi (Magnus Pflüger purzelt immer wieder lustig auf die Bühne) auf vorhersehbare Weise sicherlich nicht den Hafen einer Ehe ansteuern wird. Auch das weiß man schneller, als einer gefinkelten Komödie lieb sein kann. Kristina Kahlert spielt mit den Ambivalenzen trotzdem auf angenehm herbe Art.
Fallweise wechseln auch (Schmier-)Geldscheine den Besitzer, und als eine kostbare Brosche auftaucht, weiß man endgültig: Der reiche Herr kennt sich wohl auch in der Hochstapelei aus. Dabei ist Antony Connor weit eher der Typ des kleinen Ganoven als der des „edlen“Gauners. Bobby, der nicht nur Barkeeper (Ute Hamm), hat am Ende ziemlich leichtes Spiel mit ihm.
Marc Camoletti (1923–2003) war ein Serienkomödienschreiber. Zum Welterfolg wurde, auch dank der Verfilmung mit Jerry Lewis und Tony Curtis, seine Pilotenverlobtenverwirrfarce „Boeing-Boeing“. Aber auch „Die Perle Anna“oder „Hier sind Sie richtig“sind Titel, die zuweilen noch auf den Komödienpositionen von Theaterspielplänen aufscheinen.
Merkwürdig ist vielleicht doch, dass „Grand Hotel Palace“, das schon Anfang der 1970erJahre von dem österreichischen Dramaturgen- und Autorenpaar Uta und Gerald Szyszkowitz ins Deutsche übersetzt wurde, bis Samstag noch nie auf einer heimischen Bühne zu sehen war. Liegt es womöglich am Stück? Oder ist man von französischen Komödien mittlerweile nicht viel Pfiffigeres gewohnt? Auch das Schauspielhaus Salzburg hat ja, beispielsweise, „Dinner für Spinner“oder „Der Vorname“erfolgreich gespielt. Von den gesellschaftskritischen Salonstücken Yasmina Rezas nicht zu reden.
Regisseur Christoph Batscheider, der auf die ihm eigene solide Art den Komödienlauf in Schwung zu bringen versucht, setzte diesmal auf eine charmante, aber behäbige und (nicht nur, weil man noch in Francs rechnet) seltsam altertümliche Unterhaltungsvariante, die mehr Lächler als Lacher erzeugt.
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