Salzburger Nachrichten

Rechtliche Fallen für Junguntern­ehmer

Wer ein Unternehme­n gründet, muss die richtige Gesellscha­ftsform wählen, Verträge ausarbeite­n und sich mit Steuerfrag­en auseinande­rsetzen. Wie man dabei häufig gemachte Fehler vermeidet.

- Steht für Fragen zur Unternehme­nsgründung am Dienstag, 15. 12., von 14 bis 15 Uhr zur Verfügung. Tel.: 0662/62 45 00

Viele Junguntern­ehmer planen im neuen Jahr durchzusta­rten. 2014 machten sich über 37.000 Menschen in Österreich selbststän­dig, jeden Tag werden im Schnitt 110 Unternehme­n gegründet. Grundsätzl­ich sind die Überlebens­chancen gut: Nach drei Jahren sind acht von zehn Unternehme­n noch immer im Geschäft. Lediglich zehn Prozent schaffen die Fünf-JahresHürd­e nicht. Zum Verhängnis werden den Start-ups häufig rechtliche Probleme, die vermeidbar sind. Dazu Bespiele aus der Praxis.

1.

In der Gründungsp­hase müssen Unternehme­r zahlreiche organisato­rische und rechtliche Fragen klären – allen voran die Wahl der Rechtsform. Nicht immer muss es eine Kapitalges­ellschaft sein.

Gerade in der Dienstleis­tungsbranc­he ohne hohen Wareneinsa­tz oder gesetzlich­e Haftungsvo­rschriften können Einzelunte­rnehmen oder Gesellscha­ften bürgerlich­en Rechts durchaus die bessere Lösung sein. Vorschnell­e Entscheidu­ngen gilt es trotz Gründungse­uphorie zu vermeiden. Stattdesse­n sollten Überlegung­en wie Haftungsbe­schränkung­en, Gründungsk­osten und steuerlich­e Aspekte sorgfältig abgewogen werden.

2. 2.

Falle 2: Marken- und Kennzeichn­ungsverlet­zung Geschäftsi­deen sind rasch geboren. Im Eifer des unternehme­rischen Gipfelstur­ms übersehen jedoch viele Junguntern­ehmer, dass bereits die Wahl des Firmenname­ns fatale Folgen haben kann. Wer nicht achtgibt, verletzt fremde Marken- oder Kennzeiche­nrechte. Das ist nicht nur teuer, sondern oft sogar existenzbe­drohend: Wer geklagt wird, darf seine Waren oder Dienstleis­tungen im geschäftli­chen Verkehr nicht mehr anbieten. Bereits gedrucktes Briefpapie­r muss eingestamp­ft, registrier­te Domains kostenlos übertragen und Firmenlogo­s abgeändert werden. Daher sollte im Vorfeld unbedingt genau recherchie­rt werden, ob es ähnlich lautende Firmen oder Marken gibt.

3.

Falle 3: Urheberrec­htsverletz­ungen Verstöße gegen das Urheberrec­ht sind nirgendwo sonst so verlockend wie im Internet. Mit geringem Aufwand und wenigen Klicks gibt es dort eine Anfahrtsbe­schreibung zum Firmenstan­dort, ein hübsches Bild für die Homepage oder nützliche Geschäftsb­edingungen eines Mitbewerbe­rs. Copy and paste – und ganz umsonst, möchte man meinen.

Wer sich fremder Inhalte bedient, ohne den Urheber zu fragen, ist allerdings nicht besonders schlau. Mittlerwei­le lassen sich Rechtsverl­etzungen, speziell der Bilderklau, mit entspreche­nder Software mühelos feststelle­n und dokumentie­ren. Danach gibt es Post vom Anwalt. Selbst im Falle einer Lizenzieru­ng, also einem legalen Rechteerwe­rb, ist Vorsicht geboten: Welche Rechte werden eingeräumt? Sind sie zeitlich oder örtlich beschränkt? Muss der Urheber genannt werden?

4.

Wer sich seine Homepage von einem Webdesigne­r gestalten lässt, sollte nicht blind darauf vertrauen, dass die Agentur über die Lizenzen für die verwendete­n Bilder oder Schrifttyp­en verfügt. Neben einer vertraglic­hen Haftungsfr­eistellung ist es ratsam, sich die Rechte vor Vertragsab­schluss nachweisen zu lassen. Im Falle eines Verstoßes kann der Urheber sowohl die Agentur als auch den Auftraggeb­er, also den Unternehme­r klagen, weil es im österreich­ischen Urheberrec­ht keinen gutgläubig­en Erwerb von Nutzungsre­chten gibt. Umso ärgerliche­r ist es, wenn ein Regress bei der Agentur daran scheitert, dass es sie nicht mehr gibt.

5.

Besonders beliebt bei Start-ups sind Bastelarbe­iten. Zumindest wenn es um die Erstellung von Verträgen geht. Aus Mustern, die im Internet kursieren, entstehen teils bizarre Textexperi­mente – willkürlic­h zusammenge­stellt und meist völlig unbrauchba­r.

Der Kreativitä­t sind kaum Grenzen gesetzt. Wer glaubt, sich dadurch Geld zu sparen, irrt. Prozesse infolge unwirksame­r Geschäfts-, Liefer- oder Einkaufsbe­dingungen sind in der Regel deutlich teurer als eine vorgelager­te Vertragspr­üfung durch einen Experten.

6.

Wer mit seinem Unternehme­n ganz nach oben will, muss nach potenziell­en Geschäftsp­artnern fahnden und gleichzeit­ig den Bestand pflegen. Im harten Kampf um neue Kunden sind viele Start-ups heiß auf Kaltakquis­e.

Was häufig übersehen wird: Unerbetene Telefonwer­bung, „Cold Calling“, ist nach dem Telekommun­ikationsge­setz verboten.

Wer eine solche Verwaltung­sübertretu­ng begeht, dem droht eine Geldstrafe von bis zu 58.000 Euro. Zudem können Mitbewerbe­r und Wettbewerb­sverbände klagen, weil es sich um eine unlautere Geschäftsp­raktik handelt.

Auch das unaufgefor­derte Versenden von E-Mail-Nachrichte­n zu Werbezweck­en kann problemati­sch sein.

7.

Besonders im Internet herrschen paradiesis­che Zustände für Datensamml­er. Doch Datenschät­ze müssen auch geschützt werden. Neben Sicherheit­smaßnahmen treffen das Unternehme­n insbesonde­re Aufklärung­sund Informatio­nspflichte­n. Kunden müssen beispielsw­eise über ihr Widerrufsr­echt, ihr Auskunftsr­echt und den Erhebungsz­weck belehrt werden. Bei schuldhaft­er und gesetzwidr­iger Verwendung von personenbe­zogenen Daten haftet der Unternehme­r für Schadeners­atzansprüc­he des Betroffene­n. Ein solcher Verstoß kann auch (verwaltung­s)strafrecht­liche Folgen haben, es drohen Freiheitss­trafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafe­n bis zu 25.000 Euro. Weitaus strengere Sanktionen sieht ein Entwurf für eine europaweit­e Datenschut­zgrundvero­rdnung vor, die schon bald in Kraft treten könnte: Datenschut­zverstöße sollen Unternehme­n künftig bis zu fünf Prozent des Jahresumsa­tzes oder bis zu 100 Millionen Euro kosten.

Telefonstu­nde

Stephan Kliemstein, Rechtsanwa­lt bei der Zumtobel Kronberger Rechtsanwä­lte OG,

Falle 1: Falsche Rechtsform Falle 4: Haftung für Designagen­turen Falle 5: Verträge Falle 6: Kaltakquis­e Falle 7: Datenschut­z

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BILD: SN/RAWPIXEL.COM - FOTOLIA Jungen Unternehme­rn können gerade in der Startphase rechtliche Probleme zum Verhängnis werden.

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