Alles klar, Frau Kommissar?
EU-Kommissarin Corina Cretu ist ein Drittel der Mitarbeiter abhandengekommen. Angeblich wegen ihrer Arbeitsweise.
Vor einem halben Jahr ist das Nachrichtenmagazin „Politico“in Brüssel an den Start gegangen. Erklärtes Ziel: die Berichterstattung aus dem Zentrum der EU-Politik durch investigative Berichte aufmischen, am besten angereichert mit Skandalen à la „House of Cards“, der US-Serie zum Macht-Poker im Weißen Haus. Die jüngste Geschichte sollte wohl beides haben.
Wie „Politico“vergangene Woche berichtete, haben in ihrem ersten Dienstjahr rund ein Drittel der Mitarbeiter von Corina Cretu gekündigt. Das soll an der Arbeitsweise der rumänischen EU-Kommissarin liegen, wie das Magazin online berichtete. Viele Mitarbeiter hätten diese nicht mittragen wollen. Dem Bericht zufolge würde Cretu keine Termine auf Freitag legen und auch grundsätzlich nicht vor 10 Uhr am Vormittag. Sie sei kein Morgenmensch, soll sie gegenüber einem Mitarbeiter gesagt haben, der namentlich nicht genannt wird.
Zudem würde die Kommissarin Termine rund um das Wochenende gern mit Kurzurlauben oder Heimaturlaub kombinieren. Ein Vorwurf, den sich auch andere Kommissare schon gefallen lassen mussten. Pierre Moscovici legt Termine in Paris etwa gern auf Montag oder Freitag.
Die Kommission ging auf die Vorwürfe gegen Cretu gar nicht ein. Man wolle den Pressesaal der Kommission nicht in eine Gerüchteküche verwandeln, sagte ein Sprecher mit dem Hinweis, dass niemand namentlich solche Vorwürfe geäußert habe. Cretu sei ein wertvolles Mitglied der Kommission. Ein Bild, um das sich die Rumänin nun auch selbst bemüht.
Die Anschuldigungen im „Politico“-Bericht basieren auf Gesprächen mit ehemaligen Mitarbeitern der Kommissarin und einem Aus- zug aus ihrem persönlichen Terminkalender, der dem Magazin vorlag. Die Redakteure hätten aber besser ihren Jahreskalender angesehen, ging Cretu nun in die Verteidigung. Seit ihrem Amtsantritt habe sie in der Funktion als Kommissarin für Regionalpolitik 24 Länder besucht, mehr als 40 regionale Spitzenpolitiker getroffen und in zehn Debatten im Europaparlament teilgenommen. Personelle Änderungen im Team seien in den Kabinetten der Kommissare zudem keineswegs ungewöhnlich. Vor allem nicht im ersten Jahr, wenn viele erkennen würden, wie viel Arbeit sie tatsächlich erwartet.
Wie viel Arbeit die Kommissare haben, können Bürger zumindest in Auszügen online nachvollziehen. Offizielle Termine sind auf der Seite jedes Kommissars unter ec.europa.eu aufgelistet.
STEPHANIE.PACK@SALZBURG.COM