Die HTL ist sehr beliebt
In Österreichs Schulen herrscht Schülerschwund, vor allem in den Hauptschulen. Aber es gibt auch Schultypen, die überrannt werden. Die Neue Mittelschule zählt nicht dazu.
WIEN. Die höheren technischen Lehranstalten (HTL) sowie die Bildungsanstalten für Kindergarten(BAKIP) und Sozialpädagogik erfreuen sich sichtlich großer Beliebtheit. Sie verzeichnen trotz sinkender Gesamtschülerzahlen Rekordbesuchszahlen. Umgekehrt verhält es sich hingegen für die Hauptschulen. Sie haben innerhalb von zehn Jahren mehr als ein Fünftel an Schülern verloren. Sie werden zwar seit 2012 mit viel Budget in Neue Mittelschulen (NMS) umgewandelt. Doch das hat, wie aus aktuellen Zahlen der Statistik Austria für 2014/15 hervorgeht, den Schülerschwund bisher nicht stoppen können. Mit insgesamt 1,09 Millionen Schülern saßen 2014/15 um rund 101.000 Schüler weniger in den Klassen, als das noch vor zehn Jahren der Fall gewesen war. Das entspricht einem Minus von 8,5 Prozent gegenüber 2004/05 bzw. von 0,6 Prozent gegenüber 2013/14. Die Statistiker führen diesen Rückgang auf die sinkenden Geburtenraten zurück.
Damit argumentiert Harald Gumpoldsberger von der Statistik Austria auch, um zu erklären, warum es 2014/15 um rund zehn Prozent weniger Volksschüler als 2004/05 gab. Im Vorjahr saßen jedoch erstmals wieder um 400 Schüler mehr in den Klassen als im Jahr davor. Für 2016/17 rechnet Gumpoldsberger dank mehr Geburten sogar mit konstant steigenden Schülerzahlen, also einer Trendwende. „Das hat aber auch mit der Migration zu tun“, sagt er.
Völlig anders verhält es sich hingegen an Haupt- sowie an Neuen Mittelschulen und vor allem den polytechnischen Schulen. Alle drei Schultypen verzeichnen in den vergangenen zehn Jahren einen massiven Schülerrückgang. An den „Polys“beträgt das Minus seit 2004 sogar 27,3 Prozent. Gumpoldsberger führt das auf die steigende Bildungsbeteiligung innerhalb der Gesellschaft zurück. „Heutzutage gehen viel mehr Schüler nach dem Pflichtschulabschluss weiter in die Schule“, sagt er. Verfügten laut Bildungsstatistik 1981 noch 46 Prozent der Österreicher über einen Pflichtschulabschluss, traf das 2013/14 nur mehr auf 19,3 Prozent zu. Entsprechend gestiegen sind auch die Schülerzahlen an der AHS-Oberstufe und den BHS.
Diese höhere Bildungsbeteiligung vermag aber nicht zu erklären, weshalb die AHS-Unterstufe weitaus weniger Schüler innerhalb von zehn Jahren verlor als die Hauptschulen bzw. NMS. Kamen vor zehn Jahren auf 100 AHS-UnterstufenSchüler noch 232 Hauptschüler, betrug das Verhältnis 2014/15 100 zu 185.
Dabei hat die Regierung für die 2012 begonnene Umwandlung der Hauptschulen in NMS viel Geld in die Hand genommen. Laut dem Rechnungshof betrugen 2013 allein die Lehrerpersonalkosten pro Schüler an NMS 7200 Euro, während sie sich in AHS-Unterstufen auf 4700 Euro beliefen. In den NMS stehen in bestimmten Fächern zwei Lehrer gleichzeitig in der Klasse. Das und die Einführung der Klassenschülerhöchstzahl erklärt, weshalb die Zahl der knapp 126.000 Lehrer (inklusive Karenzierter) im Vergleich zu 2004 trotz Schülerschwundes annähernd gleich blieb. Dafür stiegen von 2004 bis 2011 die öffentlichen Bildungsausgaben von 12,6 Mrd. Euro auf 17,3 Mrd. Euro an (inklusive Forschung). Sie machten 2011 5,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.
Noch mehr als die NMS kosten die berufsbildenden höheren Schulen, vor allem die HTL. Sie benötigen – neben Lehrern aus der Praxis – auch Werksäle und Werkstoffe. Dafür verfügen HTL-Absolventen nach ihrer Matura zugleich über eine fertige Berufsausbildung – ein Konzept, das sichtlich gut ankommt. Seit 2004 ist die Schülerzahl in den HTL um 7,7 Prozent auf den Rekordwert von 64.000 gestiegen. Die BAKIP und BASOP, die Kindergartenpädagogen und Sozialarbeiter ausbilden, verzeichnen mit 12.200 Schülern sogar ein Plus von 37,4 Prozent seit 2004.