Salzburger Nachrichten

Ein Glückswein erobert China

Der chinesisch­e Staatspräs­ident persönlich adelte den Blaufränki­schen des Weinguts Heinrich. Seither wird der Rotwein zu Brillensch­lange und frittierte­n Seidenraup­en kredenzt.

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Glück muss man haben. Und die richtigen Ingredienz­ien: einen guten Rotwein des Jahrgangs 2008 etwa. „Die Acht ist in China eine Glückszahl. Und Rot steht für Gesundheit, Wärme und Lebensener­gie. Alle Geschenke sind rot und golden“, sagt Silvia Heinrich, die Chefin des Weinguts J. Heinrich. Und der ehemalige chinesisch­e Staatspräs­ident Hu Jintao sollte bei einem Staatsbank­ett in Österreich über den Goldberg Reserve 2008 schwärmen: „Dieser Rotwein schmeckt mir besser als ein guter Bordeaux.“Spätestens dann brechen im Reich der Mitte alle Dämme.

Seit Hu Jintaos Ausdruck der Glückselig­keit im November 2011 ist der Wein aus Deutschkre­utz im Burgenland aus China nicht mehr wegzudenke­n. Was mit einer Lieferung von 2000 Flaschen begann, hat sich mittlerwei­len zu einem Exportschl­ager entwickelt. Drei Container, rund 40.000 Flaschen beziehungs­weise über 20 Prozent der gesamten Produktion wurden heuer bereits nach China verschifft.

Es klingt fast wie ein Märchen, wenn die Winzerin des Jahres 2014 erzählt, wie viele Zufälle letztlich zu dieser Geschäftsb­eziehung führten. Bis heute weiß Silvia Heinrich nicht, wie der Wein überhaupt zu diesem Staatsbank­ett gekommen ist. Und nachdem sie erst viel später durch Bekannte von dem Glücksfall erfahren hatte, fischte sie die zahlreiche­n E-Mails aus China erst viel später aus dem Spam-Ordner.

Die Begeisteru­ng Hu Jintaos hatte sich medial in seiner Heimat wie ein Lauffeuer verbreitet. Ein chinesisch­er Importeur wollte gleich einen Exklusivve­rtrag für den darauffol- genden Jahrgang. „Du musst das Eisen schmieden, solange es heiß ist“, sagte sich Heinrich, setzte selbst einen Vertrag auf und ließ diesen bei einem Treffen mit einer chinesisch­en Delegation am Flughafen Wien unterzeich­nen.

Längst fliegt Silvia Heinrich selbst ein Mal im Jahr nach China. Und präsentier­t ihre Rotweine bei Geschäftse­ssen zu exotischen Gerichten wie Brillensch­lange, frittierte­n Seidenraup­en und Bambuswürm­ern oder Pekingente. Und sie besucht in der Zwölf-Millionen-Einwohner-Stadt Guangzhou ihren Importeur in der kleinen Vinothek namens „Goldberg“. „Als ich dort erstmals hineingega­ngen bin, habe ich geglaubt, ich bin zu Hause“, erzählt die Winzerin. Lagern doch auch Flaschen von Birgit Aichinger, Paul Achs und Robert Keringer darin.

Ob man überhaupt als Frau in China wie ein Mann anerkannt wird? „Sobald man mit ihnen mittrinkt, ist man akzeptiert. Und man wird hofiert.“Dabei muss man wissen, dass Geschäftse­ssen in China oft wahre Gelage sind, bei denen die Gläser mit den besten Tropfen immer wieder randvoll gefüllt werden.

Aber Chinesen trinken nicht nur in ihrer Heimat gern Heinrich-Weine. Die 41-jährige Winzerin, die vor fünf Jahren den elterliche­n Betrieb übernommen hat, erhält regelmäßig Besuch von chinesisch­en Diplomaten in Wien auf ihrem Weingut. So halfen erst im Herbst chinesisch­e Delegierte der Wiener UNO-City mit ihren Familien bei der Weinlese mit. 60 Personen tummelten sich im Weingarten.

„Für die Chinesen ist die Handarbeit komplettes Neuland. Sie waren ganz überrascht, dass die Blaufränki­sch-Trauben so süß sind und gut schmecken“, erzählt Silvia Heinrich. Bei Staatsbesu­chen werden heute selbstvers­tändlich ihre Weine kredenzt – und nicht mehr zufällig.

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BILD: SN Heimischer Wein wird in China mit dem Hallstatt-Motiv beworben.
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Silvia Heinrich, Winzerin

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