Salzburger Nachrichten

Rätsel um Steine ist gelöst

Die riesigen Monolithe von Stonehenge stammen aus Steinbrüch­en in Wales. Gerätselt wird, wie sie über mehr als 200 Kilometer transporti­ert wurden.

- Josh Pollard, Archäologe

Die Herkunft der Steine von Stonehenge war lange Zeit ein Rätsel. Nun ist es geknackt: Steine des äußeren Monolithri­ngs stammen aus zwei Steinbrüch­en in Wales, 225 Kilometer von Stonehenge entfernt.

Schon länger bekannt ist, dass die Erbauer von Stonehenge für den äußeren Doppelring aus Monolithen Steine verwendete­n, die es in der unmittelba­ren Umgebung nicht gab. Ein Monolith ist eine natürliche geologisch­e Form, bestehend aus einem Block aus Stein oder Felsen. Die sogenannte­n Blausteine von Stonehenge bestehen aus Dolerit und Rhyolit, einem vulkanisch­em Gestein, das unter anderem in Wales vorkommt. Woher genau die Steine stammten und wie die steinzeitl­ichen Erbauer diese 80 Tonnen schweren Blöcke so weit transporti­erten, war unbekannt.

Mike Parker Pearson vom University College London und seinen Kollegen ist es nun gelungen, zumindest eine dieser Fragen zu beantworte­n, wie das Wissenscha­ftsportal scinexx berichtet. In Wales entdeckten die Geologen und Archäologe­n die Steinbrüch­e, aus denen die Erbauer von Stonehenge die Blausteine gebrochen haben. Sie liegen an der Nordseite der Preseli Hills an der Küste von Pembrokesh­ire. Der Dolerit von Stonehenge stammt aus Carn Goedog und der Rhyolit aus Craig Rhos-y-felin.

Der Blick auf diese Formatione­n zeigt, warum die Konstrukte­ure der Steinzeit gerade hier ihre Monolithen gewannen: Das Gestein bildet von Natur aus Säulen, die senkrecht in die Höhe ragen. „Diese Aufschlüss­e sind wirklich beeindruck­end, sie müssen für die prähistori­schen Menschen eine besondere Bedeutung gehabt haben“, sagt Colin Richards von der University of Manchester.

Die natürliche Form der Steinsäule­n erleichter­te den steinzeitl­ichen Arbeitern auch das Herausbrec­hen der Monolithen. „Sie mussten nur hölzerne Keile in die Risse zwischen den Säulen treiben und dann abwarten, bis der walisische Regen das Holz quellen ließ“, erklärt Josh Pollard von der University of Southampto­n. Dies löste die Säulen fast von allein aus dem Verbund. „Die Steinbruch­arbeiter legten die Steinsäule­n dann auf Plattforme­n aus Erde und Stein, eine Art Laderampe, von der aus sie die gewaltigen Steine aus dem Steinbruch ziehen konnten“, sagt Pollard.

Der Fund der beiden prähistori­schen Steinbrüch­e wirft jedoch neue Fragen auf. Denn ihre Lage am Nordhang der Preseli-Berge spricht gegen die gängige Theorie, nach der die Erbauer von Stonehenge die tonnenschw­eren Monolithen nach Süden zum Milford Haven Waterway transporti­ert und dann mittels Flößen nach Stonehenge geschafft haben. „Die einzige logische Richtung für die Blausteine ist nach Norden – entweder ans Meer in der Nähe des St. Andrews Head oder ostwärts über Land durch die Täler“, meint Parker Pearson. „Ich halte die Überlandro­ute für wahrschein­licher.“Männer oder Ochsen könnten die 80-Tonnen-Steine auf hölzernen Plattforme­n bewegt haben. „Wir kennen Beispiele aus Indien und anderswo in Asien.“

Datierunge­n von Lagerfeuer­und Essensrest­en in den Steinbrüch­en belegen, dass die Blausteine bereits um 3400 und 3200 vor Christus gebrochen wurden. Doch in Stonehenge tauchen die Blausteine nicht vor dem Jahr 2900 vor Christus, vielleicht sogar noch später auf.

Die Forscher vermuten nun, dass sie vor Stonehenge in einem anderen Monument verbaut waren. Geophysika­lische Prospektio­nen ergaben erste Hinweise. 2016 sollen weitere Untersuchu­ngen folgen. „Stonehenge war ursprüngli­ch ein walisische­s Monument. Wenn wir das Monument in Wales finden, können wir vielleicht das Rätsel lösen, warum Stonehenge errichtet wurde“, sagt Mike Parker Pearson.

Henges sind steinzeitl­iche Anlagen, die aus einem runden oder ovalen Erdwall und einem innen liegenden Graben bestanden. Auf der Innenfläch­e standen oft Steinoder Holzpfahlk­reise.

Die Arbeit der Forscher wurde in der Fachzeitsc­hrift „Antiquity“veröffentl­icht.

„Die Arbeiter mussten nur Keile in die Risse zwischen den Säulen treiben.“

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BILD: SN/DAPD Stonehenge, heute unweit Salisbury, wurde in der Jungsteinz­eit errichtet. Der genaue Zweck der Anlage ist noch immer unbekannt.

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