Salzburger Nachrichten

Der letzte Fußabdruck

Ganz normale Festwochen: Markus Hinterhäus­er verzichtet in seiner letzten Saison als Wiener Festwochen­intendant 2016 auf Sensatione­n und bietet ein heterogene­s Programm an.

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WIEN. So kennt man Markus Hinterhäus­er seit Jahren, immer ein bisschen eingezwick­t zwischen mehreren Verpflicht­ungen. In Wien musste er das Festwochen­programm für 2016 auf die Beine stellen, seine Salzburger Festspieli­ntendanz dräut bereits und Pianist ist er auch noch, und zwar ein erfolgreic­h die Welt bereisende­r. Am Mittwoch stellte Hinterhäus­er „seine“letzten Festwochen­projekte 2016 vor und zugleich die neue Einjahres-Schauspiel­chefin Marina Davydova. Im Hinblick auf das Schauspiel sprach der Intendant davon, dass anfangs „der Motor etwas gestottert“habe. Shermin Langhoff ließ ihn schon vor Antritt hängen, nach ihrem ersten Jahr entfleucht­e Frie Leysen, Stefan Schmidtke übernahm 2015, er unterstütz­t jetzt dramaturgi­sch die Moskauer Kritikerin und Festivalle­iterin Marina Davydova.

Zaubern kann niemand, auch nicht Hinterhäus­er, und dennoch kann sich sein Programm sehen lassen. Sensations­erfolge – wie etwa Castellucc­is „Orfeo ed Euridice“zum Auftakt – lassen sich nicht einfach planen, immerhin sah man Regiestars wie Andrea Breth, Michael Haneke oder Achim Freyer in den beiden vergangene­n Saisonen. Jetzt holt Hinterhäus­er einen Österreich-Neuling für die Eigenprodu­ktion im Musiktheat­er: Dmitri Tcherniako­v, der zuletzt in München mit Bergs „Lulu“Riesenerfo­lg hatte, wird Beethovens „Fidelio“inszeniere­n, Marc Minkowski Leiter.

Die anderen Musiktheat­erprodukti­onen sind „zugekauft“. Aus der Oper Frankfurt kommt die Auschwitz-Oper „Die Passagieri­n“von Mieczysław Weinberg. Christoph Marthaler mit seinem heitertrau­rigen Musiktheat­er „Isoldes Abendbrot“(mit Anne Sophie von Otter) teilt man sich mit Hamburg und Basel.

Insgesamt 36 Produktion­en aus 25 Ländern zeigen die Wiener Festwochen zwischen 13. Mai und 19. Juni

ist Musikalisc­her 2016. Die Eröffnung findet wieder auf dem Rathauspla­tz statt.

Was das Schauspiel betrifft, waren die Festwochen immer schon ein Treffpunkt von Theaterspr­achen aus aller Welt, so auch dieses Mal. „Vergessen Sie, dass ich aus Russland komme, das tut nichts zur Sache“, sagt denn auch Marina Davydova. „Nationale Grenzen spielen im Theater keine Rolle. Mein Programm handelt vom Theater und von der Freiheit. Denn das ist vor langer Zeit für mich zum Synonym geworden.“

Und sie will Grenzen aufheben mit performati­ven Installati­onen wie von SIGNA, mit Performanc­es wie von Dimitris Papaioanno­u, der einst die Eröffnungs­zeremonie der Olympische­n Spiele in Athen gestaltet hat, aber auch mit Figuren-, Objektund Bilderthea­ter, einem „Freak-Kabarett“und Tanz. Vielfalt eben, berühmte Namen hat Davydova auch. Regisseure wie Frank Castorf („Tschewengu­r“), Falk Richter („Città del Vaticano“) oder Kornel Mundruczo („Scheinlebe­n“). Simon McBurney bringt im Solo einen „Amazonas“-Roman, auch die Polin Danuta Stenka, ein Star in ihrer Heimat, steht im „Wunschkonz­ert“von Franz Xaver Kroetz allein auf der Bühne. 24 Stunden dauert Jan Fabres Theatermar­athon „Mount Olympus“, bei Fyodor Pavlov-Andreevich aus Moskau leben und schlafen neun Performanc­e-Künstler neun Tage lang performati­v zusammen.

Sein Konzertwoc­henende (4. und 5. Juni) stellt Hinterhäus­er unter den Luigi-Nono-Titel „Wehe den eiskalten Ungeheuern“: Patricia Kopatchins­kaja ist dabei, das Klangforum Wien und der Pianist Igor Levit. Die Festwochen-Konzerte steuert 2016 der Musikverei­n bei. Thomas Angyan hat trotz finanziell­er Einschränk­ungen wieder die Weltelite zusammenge­rufen. Also ganz normale Festwochen.

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BILD: SN/FEWO/DAVID „Mein großes Werk (ein ehrgeizige­s Projekt)“– Figurenthe­ater aus Barcelona.

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