US-Notenbank läutet die Zinswende ein
Fed-Chefin Yellen tut, worauf die Finanzwelt gehofft hatte. Erstmals seit Ende 2008 geht es in den USA bei den Zinsen wieder nach oben.
Es blieb spannend bis zuletzt, aber eigentlich zweifelte niemand daran, dass Janet Yellen, Präsidentin der US-Notenbank, um 20.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit verkünden würde, worauf die Welt gewartet hatte: In den USA wird der Leitzins um 0,25 Prozentpunkte steigen und dann in einer Bandbreite von 0,25 bis 0,50 Prozent liegen. Mit dem ersten sanften Einstieg in einen Zyklus von Zinserhöhungen tritt die US-Geldpolitik in eine neue Phase ein.
Fast auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 16. Dezember 2008, hatte die Notenbank nach dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers und der Rettung anderer Finanzhäuser den Leitzins von 1,0 auf ein bis dahin nie da gewesenes Niveau von 0 bis 0,25 Prozent gesenkt. Die Zinssenkungen kurz davor hatten nicht gereicht, um die Finanzkrise einzudämmen. Die USWirtschaft rutschte in die Rezession, die Fed wollte den Abwärtstrend stoppen. Der damalige Notenbankchef Ben Bernanke sagte im Dezember 2008, die Zinssätze würden „für einige Zeit außergewöhnlich niedrig bleiben“. Nachfolgerin Yellen, seit Anfang 2014 an der FedSpitze, setzte den Kurs fort, aber nun sieht sie die Zeit für eine Wende gekommen. Warum?
Das spiegle die Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt und stehe auch für die Erwartung, dass es mit der US-Konjunktur weiter bergauf gehe, sagte Yellen. Die Wirtschaftsleistung wächst heuer und in den nächsten beiden Jahren um rund 2,5 Prozent. Infolgedessen ist die Arbeitslosigkeit sukzessive gesunken, heuer wird eine Rate von etwas mehr als fünf Prozent und damit Vollbeschäftigung in den USA erwartet. Trotz der niedrigen Inflation sind das genug Gründe, die Zinsen wieder zu erhöhen. Die Normalisierung der Geldpolitik werde „graduell“erfolgen, Bei stärkerem Wachstum oder einer höheren Inflation werde es deutlichere Schritte geben, sagte Yellen. Sie hatte die Finanzmärkte seit Monaten auf die Zinswende eingestimmt. Dennoch wird der Schritt Folgen haben.
Steigende Zinsen verleihen dem Dollar Auftrieb, er gewinnt gegenüber anderen Währungen an Wert. Damit setzt sich die Abschwächung des Euro fort, was der Europäischen Zentralbank (EZB) gelegen kommt. Das verteuert Importe von Waren, die in Dollar gehandelt werden, und soll die viel zu niedrige Inflation in der Eurozone in die Höhe treiben.
Andererseits dürfte der stärkere Dollar Investoren veranlassen, Geld aus Schwellenländern abzuziehen, die Anleger bisher mit höheren Zinsen und starkem Wirtschaftswachstum anlocken konnten. Nun dreht sich der Spieß um, der Zinsvorteil wird kleiner.Für die stark vom Verkauf von Rohstoffen abhängigen Länder kommt dazu, dass ein aufgewerteter Dollar die Nachfrage aus dem Nicht-Dollar-Raum bremsen könnte und sie weitere Einnahmen verlieren. Außerdem sind weltweit viele Unternehmen in Dollar verschuldet sind, für sie wird die Rückzahlung ebenfalls teurer.
Allerdings tritt der Effekt einer Erhöhung des Leitzins nicht sofort ein. Geldpolitik benötigt Zeit, bis sie in der realen Wirtschaft ankommt. Um das Zinsniveau kurzfristig zu erhöhen, können Notenbanken in großem Stil Wertpapiere mit kurzer Laufzeit verkaufen oder Zinsen für Einlagen von Geschäftsbanken bei ihr anheben. Unmittelbare Wirkungen hat das Drehen an der Zinsschraube dagegen an den Börsen. Von höheren Zinsen profitieren Anleihen, sie machen aber Aktien weniger attraktiv. Allerdings sind die Aktienmärkte seit Monaten auf eine Zinswende in den USA eingestimmt, daher werden keine großen Kursausschläge erwartet.
Und was passiert in Europa? Vorerst nichts, denn die EZB hat es mit einer Wirtschaft zu tun, die weit hinter den USA herhinkt. Bei einer vergleichbar niedrigen Inflation wächst die Euro-Wirtschaft deutlich langsamer, die Arbeitslosigkeit ist doppelt so hoch. In Europa muss man sich auf noch bis 2017 niedrig bleibende Zinsen einstellen.