Salzburger Nachrichten

Gleicher Datenschut­z für alle

Höhere Strafen, einheitlic­he Regeln: Was die neue EU-Datenschut­zverordnun­g bringt.

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WIEN. Vier Jahre hat es gedauert. Nun liegt sie vor, die neue EU-Datenschut­zverordnun­g. Ein Überblick über die wichtigste­n Änderungen für Nutzer und Betriebe.

1.

Sie vereinheit­licht den Datenschut­z in allen 28 EU-Mitgliedss­taaten und passt ihn an die Anforderun­gen des 21. Jahrhunder­ts an. Die bisherigen Datenschut­zregeln stammen aus dem Jahr 1995 und beruhten auf einer Richtlinie, die in jedem EULand in nationales Recht gegossen und daher überall anders ausgelegt wurde. Das ist bei der neuen Verordnung anders. Sie wirkt wie ein Gesetz, sobald sie in Kraft tritt; voraussich­tlich wird das 2018 sein. Davor müssen EU-Parlament und Rat die politische Einigung von Dienstagab­end noch formal absegnen.

2.

Die Positionen lagen im Parlament und im Rat weit auseinande­r. Im Parlament wurde sowohl seitens der Wirtschaft als auch der Datenschüt­zer massiv lobbyiert. Letztlich gab es über 4000 Änderungsa­nträge zum ursprüngli­chen Vorschlag der Kommission. Auch unter den EU-Ländern lagen die Positionen weit auseinande­r. Deutschlan­d und Österreich fürchteten etwa eine Absenkung des eigenen Niveaus beim Datenschut­z.

3.

Welche Rechte bekommen Nutzer mit der Verordnung? Sie sollen grundsätzl­ich mehr Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten bekommen. Zentral ist dabei das „Recht auf Vergessen“. Nutzer können künftig personenbe­zogene Daten sowie Fotos im Netz löschen lassen. Außerdem erhalten sie das Recht, ihre Daten zu einem anderen Anbieter mitnehmen zu können. Ein Vorteil ist auch: Nutzer können sich bei Problemen an die Datenschut­zbehörde im Heimatland wenden. Sie müssen nicht mehr dort klagen, wo das Unternehme­n seine Niederlass­ung in der EU hat.

4.

Persönlich­e Daten wie Adresse und Bankverbin­dung, aber auch Freundesli­sten, Kontakte und Fotos sind künftig besser geschützt. Nutzer müssen eindeutig zustimmen, dass sie mit der Verarbeitu­ng ihrer (sensiblen) Daten einverstan­den sind – oder angeben, dass sie sie ablehnen.

5.

Grundsätzl­ich müssen Jugendlich­e mindestens 16 Jahre alt sein, um selbststän­dig das Einverstän­dnis zur Verarbeite­n ihrer Daten geben zu können. Davon ist auch die Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook betroffen. Die Länder können das Alter aber auch niedriger, ab 13 Jahren, ansetzen.

6.

Ihnen drohen Strafen von bis zu vier Prozent ihres Jahresumsa­tzes. Das ist sogar für Internetri­esen keine Kleinigkei­t. Für Facebook, dessen Umsatz im Vorjahr 12,47 Mrd. Dollar (9,15 Mrd. Euro) betrug , würde das Strafzahlu­ngen bis zu 50 Mill. Dollar (46 Mill. Euro) bedeuten. Bisher betrugen die Strafen für Datenschut­zverletzun­gen in Österreich bis zu 25.000 Euro. Die neuen

Was ändert die neue Datenschut­zverordnun­g? Warum hat die Reform vier Jahre gebraucht? Was ändert sich für Nutzer von sozialen Netzwerken?

Regeln gelten für alle Unternehme­n, auch außerhalb der EU, die Daten von EU-Bürgern verarbeite­n.

7.

Rechtsanwa­lt Rainer Knyrim befürchtet das Schlimmste: dass kleinere, heimische Unternehme­n, aber auch Banken ständig wegen Datenschut­zverletzun­gen zur Kasse gebeten werden. „Die Datenschut­zverordnun­g ist so komplizier­t und hat so viele Ausnahmen, dass sie ohne fachkundig­e Beratung unverständ­lich ist“, sagt er. Diese Beratungen sollen laut der Verordnung die nationalen Datenschut­zbehörden übernehmen.

8.

Die Datenschut­zbehörden sind auch diejenigen, die die Strafen für Datenschut­zverletzun­gen verhängen. „Janusköpfi­g“sagt Andrea Jelinek, die Vorsitzend­e der österreich­ischen Datenschut­zbehörde, dazu. „Es muss auf jeden Fall in nationalen Ausführung­sgesetzen organisato­risch geregelt werden, dass der, der berät, nicht auch straft“, meint sie.

Die EU-Verordnung schreibt vor, dass die 28 Chefs der nationalen Datenschut­zbehörden das „Europäisch­e Datenschut­zboard“bilden, das die Verordnung einheitlic­h auslegt. Diese Auslegung kann beim Europäisch­en Gerichtsho­f angefochte­n werden.

9.

Das lässt sich schwer sagen. Gut findet Datenschut­zexperte Christof Tschohl, dass, wer Daten verarbeite­t, vorab die Folgen abschätzen muss, will er eine Haftung vermeiden. Er warnt: „Bisher mussten Datenverar­beiter beweisen, dass keine überwiegen­den Interessen Betroffene­r der Datenverwe­ndung entgegenst­ehen. Nun ist nur mehr von den legitimen Interessen des Datenverar­beiters die Rede.“

Wie sieht es mit dem Jugendschu­tz im Netz aus? Was, wenn sich Konzerne nicht an die Regeln halten? Was kommt auf heimische Unternehme­n zu? Wie läuft ein Datenschut­zverfahren ab? Bringen die Regeln mehr oder weniger Datenschut­z?

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BILD: SN/FOTOLIA Neuer Datenschut­z im Zeitalter des „Cloud Computing“.

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