Salzburger Nachrichten

Wer das Internet aus dem Sumpf ziehen soll

Hassbotsch­aften und Gewaltaufr­ufe in sozialen Medien sind Alltag. Wer sorgt dafür, dass sie rasch verschwind­en?

- Thomas Hofbauer THOMAS.HOFBAUER@SALZBURG.COM

24 Stunden haben Internetun­ternehmen wie Facebook und Google künftig Zeit, Hassbotsch­aften aus dem Internet zu entfernen. So will es eine Arbeitsgru­ppe von deutscher Justiz und Internetun­ternehmen. Man habe sich darauf verständig­t, deutschspr­achige Mitarbeite­r bei Facebook und Google entspreche­nd zu schulen, heißt es.

Auch die EU hat unlängst ein Forum zur Bekämpfung von Hasspostin­gs und Terrorprop­aganda über das Web gestartet. Ebenfalls mit dem Ziel, zweifelhaf­te Inhalte künftig rasch entfernen zu lassen. Innenkommi­ssar Dimitris Avramopoul­os will, dass die Internetun­ternehmen eine Schlüsselr­olle bei der Bekämpfung von Onlineradi­kalisierun­g einnehmen.

Diese Vorschläge sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie greifen viel zu kurz.

24 Stunden sind online eine lange Zeit. Ein Sturm des Hasses, ein Shitstorm, ist in der Regel nach einem Tag längst vorbei und die pöbelnde Horde hat sich das nächste Opfer gesucht. Und ein Video zur Radikalisi­erung kann in 24 Stunden tausendfac­h online gestellt, geteilt und herunterge­laden werden.

Es ist daher falsch, wieder nicht die Internetri­esen, sondern die Nutzer in die Pflicht zu nehmen. Denn Facebook und Google haben nur zugesagt, Möglichkei­ten zur Meldung gefährlich­er Inhalte zu verbessern. Eine echte Schlüsselr­olle bei der Bekämpfung von Onlineradi­kalisierun­g und -gewalt hätten sie aber erst dann, wenn sie präventiv vorgehen würden.

Natürlich ist die Bekämpfung der Hasspostin­gs ein schwierige­s Unterfange­n. Der Grat zwischen Meinungsfr­eiheit und Hassrede ist schmal. Anderersei­ts verdienen die Internetri­esen mit den Äußerungen ihrer Nutzer Milliarden. Daher muss es ihre Pflicht sein, darauf zu achten, dass sich diese Äußerungen im Rahmen der Verfassung bewegen.

Mark Zuckerberg, milliarden­schwerer Gründer von Facebook, entwickelt sich zum Mäzen. Er kündigte unlängst an, 45 Milliarden Dollar für die Lösung dringender Probleme zu spenden. Ein dringendes Problem, das Abdriften der sozialen Netzwerke in einen Sumpf aus Hass und Gewalt, wäre längst bekannt. Dazu bräuchte Zuckerberg nicht einmal den Umweg der Spende. Einen Lösungsver­such könnte er sofort bei sich im Haus in Auftrag geben. Doch eine wohlmeinen­de Spende in Milliarden­höhe ist wohl öffentlich­keitswirks­amer, als seine Hausaufgab­en zu erledigen.

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