Wer das Internet aus dem Sumpf ziehen soll
Hassbotschaften und Gewaltaufrufe in sozialen Medien sind Alltag. Wer sorgt dafür, dass sie rasch verschwinden?
24 Stunden haben Internetunternehmen wie Facebook und Google künftig Zeit, Hassbotschaften aus dem Internet zu entfernen. So will es eine Arbeitsgruppe von deutscher Justiz und Internetunternehmen. Man habe sich darauf verständigt, deutschsprachige Mitarbeiter bei Facebook und Google entsprechend zu schulen, heißt es.
Auch die EU hat unlängst ein Forum zur Bekämpfung von Hasspostings und Terrorpropaganda über das Web gestartet. Ebenfalls mit dem Ziel, zweifelhafte Inhalte künftig rasch entfernen zu lassen. Innenkommissar Dimitris Avramopoulos will, dass die Internetunternehmen eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Onlineradikalisierung einnehmen.
Diese Vorschläge sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie greifen viel zu kurz.
24 Stunden sind online eine lange Zeit. Ein Sturm des Hasses, ein Shitstorm, ist in der Regel nach einem Tag längst vorbei und die pöbelnde Horde hat sich das nächste Opfer gesucht. Und ein Video zur Radikalisierung kann in 24 Stunden tausendfach online gestellt, geteilt und heruntergeladen werden.
Es ist daher falsch, wieder nicht die Internetriesen, sondern die Nutzer in die Pflicht zu nehmen. Denn Facebook und Google haben nur zugesagt, Möglichkeiten zur Meldung gefährlicher Inhalte zu verbessern. Eine echte Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Onlineradikalisierung und -gewalt hätten sie aber erst dann, wenn sie präventiv vorgehen würden.
Natürlich ist die Bekämpfung der Hasspostings ein schwieriges Unterfangen. Der Grat zwischen Meinungsfreiheit und Hassrede ist schmal. Andererseits verdienen die Internetriesen mit den Äußerungen ihrer Nutzer Milliarden. Daher muss es ihre Pflicht sein, darauf zu achten, dass sich diese Äußerungen im Rahmen der Verfassung bewegen.
Mark Zuckerberg, milliardenschwerer Gründer von Facebook, entwickelt sich zum Mäzen. Er kündigte unlängst an, 45 Milliarden Dollar für die Lösung dringender Probleme zu spenden. Ein dringendes Problem, das Abdriften der sozialen Netzwerke in einen Sumpf aus Hass und Gewalt, wäre längst bekannt. Dazu bräuchte Zuckerberg nicht einmal den Umweg der Spende. Einen Lösungsversuch könnte er sofort bei sich im Haus in Auftrag geben. Doch eine wohlmeinende Spende in Milliardenhöhe ist wohl öffentlichkeitswirksamer, als seine Hausaufgaben zu erledigen.