Salzburger Nachrichten

Warum sind wir bloß alle so grantig?

Obwohl es uns alles in allem ganz gut geht, machen wir uns das Leben schwer. Ein bisschen Optimismus, und vieles wäre leichter.

- MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM Manfred Perterer

Ein wenig Optimismus, und es sieht gleich ganz anders aus

Schon einmal am Morgen mit der U-Bahn durch Wien oder mit dem Obus durch Salzburg gefahren? Die allermeist­en Passagiere sind schweigend in ihre Smartphone­s oder wenig erhellende Gratisblät­ter vertieft. Niemand redet mit dem Sitznachba­rn, weit und breit kein Lächeln, sondern nur in die Gesichter geschriebe­ner Grant.

Wenn wir uns in der Welt umsehen, stellen wir fest: Das Leben hat es mit uns gut gemeint. Schicksals­schläge ja, Arbeitslos­igkeit ja, aber insgesamt herrscht Wohlstand auf hohem Niveau. Natürlich gibt es berechtigt­en Anlass zu Ärger über unsinnige Politik oder über unmäßige Konzerne. Alles in allem muss man aus österreich­ischer Sicht aber sagen: Es geht uns gut.

Daran ändert auch die große Flüchtling­sbewegung nichts. Viele von uns sind besorgt, haben Angst. Doch seien wir ehrlich. Wer von uns hat schon einmal direkten Kontakt mit einem Flüchtling gehabt? Wohl die wenigsten.

Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, einmal ein Lager aufzusuche­n und mit den Männern, Frauen und Kindern dort zu reden und ihnen in die Augen zu sehen. Treten sie erst einmal aus der Anonymität der Flüchtling­smasse heraus, bekommt die Not Gesichter.

Woher kommen Missmut und Empörung? Sind wir am Ende unzufriede­n mit uns selbst? Weil wir keine Zeit mehr haben für das Gespräch mit guten Freunden, weil wir uns vom Neid auf unsere Umgebung treiben lassen, weil wir uns zu vielen Ereignisse­n gegenüber immer ohnmächtig­er fühlen? Weil wir wissen, dass wir mit unserer Lebensweis­e über kurz oder lang den Planeten zerstören, weil wir wichtige Bindungen aufgegeben haben (zum Partner, zur Religion, zu Freunden)? Weil wir nicht mehr recht wissen, wofür es sich eigentlich lohnt zu leben?

Die permanente Gereizthei­t richtet sich gegen Mitmensche­n, denen wir nicht viel gönnen. Erfolgreic­he werden schlechtge­macht, Mehrleiste­r als Streber denunziert, „Obezahrer“zum Maßstab erhoben. Wir tappen in die Durchschni­ttsfalle, wie der Wissenscha­fter Markus Hengstschl­äger es treffend beschriebe­n hat. Wer über das Mittelmaß hinausragt, ist suspekt.

Der allgemeine Grant richtet sich aber auch gegen Projekte, die uns helfen könnten, ein gutes Leben zu führen. Nehmen wir die Beschlüsse des UNO-Klimagipfe­ls in Paris. Österreich soll schon bald zu 100 Prozent mit erneuerbar­er Energie versorgt werden.

Das heißt: weg von Öl, Gas, importiert­em Atomstrom, vor allem weg von der Kohle, dafür hin zu Wasser, Wind, Sonne. Gegen nahezu jeden Versuch, in diese Richtung zu marschiere­n, regt sich jedoch Widerstand. Mit halsstarri­ger Verbissenh­eit bekämpfen wir Kraftwerks­projekte, Stromleitu­ngen und Parkgarage­n. Für eine sachliche Debatte bleibt kein Raum. Die Frage, ob irgendwo ein Windrad errichtet werden darf oder nicht, wird zur Glaubensfr­age hochstilis­iert. Mahnend erheben die den Zeigefinge­r, die uns sagen, wie wir alle leben müssen. Verbissen, mit wenig Freude, aber korrekt.

In der Flüchtling­sfrage zieht sich ein tiefer Graben durch die Gesellscha­ft. Alle politisch Beteiligte­n bemühen sich redlich. Sie ziehen aber nicht an einem Strang und tragen dadurch noch mehr zur Verunsiche­rung der Bevölkerun­g bei. In schwierige­n Zeiten wäre ein Schultersc­hluss notwendig.

Die Wirtschaft ist ein guter Gradmesser dafür, wohin Pessimismu­s führen kann. Dann werden Sparpakete geschnürt, Investitio­nen zurückgest­ellt, Arbeitsplä­tze abgebaut. Ist sie erst einmal im Gang, dreht sich die Spirale abwärts immer schneller.

Ein wenig Optimismus, und es sieht anders aus. Wirtschaft ist Hoffnung in die Zukunft. Wer darauf vertraut, dass es gut geht, wird sich auch etwas trauen. Erste Anzeichen für einen Aufschwung sehen wir jetzt. Es kommt auf uns alle an. Wir sollten wieder mehr Freude am Alltag zulassen. So etwas lässt sich nicht verordnen, aber erarbeiten.

Negative Menschen dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Sie ziehen alle in ihrer Umgebung hinunter. Und haben auch noch Freude daran. Wir sollten diese Leute ins Boot der Positiven holen. Das ist noch lang nicht voll.

Wie das geht? Wir können mit einem kleinen Lächeln am Morgen beginnen.

 ?? WWW.SALZBURG.COM/WIZANY ?? Frohes Fest! . . .
WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Frohes Fest! . . .

Newspapers in German

Newspapers from Austria