Warum sind wir bloß alle so grantig?
Obwohl es uns alles in allem ganz gut geht, machen wir uns das Leben schwer. Ein bisschen Optimismus, und vieles wäre leichter.
Ein wenig Optimismus, und es sieht gleich ganz anders aus
Schon einmal am Morgen mit der U-Bahn durch Wien oder mit dem Obus durch Salzburg gefahren? Die allermeisten Passagiere sind schweigend in ihre Smartphones oder wenig erhellende Gratisblätter vertieft. Niemand redet mit dem Sitznachbarn, weit und breit kein Lächeln, sondern nur in die Gesichter geschriebener Grant.
Wenn wir uns in der Welt umsehen, stellen wir fest: Das Leben hat es mit uns gut gemeint. Schicksalsschläge ja, Arbeitslosigkeit ja, aber insgesamt herrscht Wohlstand auf hohem Niveau. Natürlich gibt es berechtigten Anlass zu Ärger über unsinnige Politik oder über unmäßige Konzerne. Alles in allem muss man aus österreichischer Sicht aber sagen: Es geht uns gut.
Daran ändert auch die große Flüchtlingsbewegung nichts. Viele von uns sind besorgt, haben Angst. Doch seien wir ehrlich. Wer von uns hat schon einmal direkten Kontakt mit einem Flüchtling gehabt? Wohl die wenigsten.
Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, einmal ein Lager aufzusuchen und mit den Männern, Frauen und Kindern dort zu reden und ihnen in die Augen zu sehen. Treten sie erst einmal aus der Anonymität der Flüchtlingsmasse heraus, bekommt die Not Gesichter.
Woher kommen Missmut und Empörung? Sind wir am Ende unzufrieden mit uns selbst? Weil wir keine Zeit mehr haben für das Gespräch mit guten Freunden, weil wir uns vom Neid auf unsere Umgebung treiben lassen, weil wir uns zu vielen Ereignissen gegenüber immer ohnmächtiger fühlen? Weil wir wissen, dass wir mit unserer Lebensweise über kurz oder lang den Planeten zerstören, weil wir wichtige Bindungen aufgegeben haben (zum Partner, zur Religion, zu Freunden)? Weil wir nicht mehr recht wissen, wofür es sich eigentlich lohnt zu leben?
Die permanente Gereiztheit richtet sich gegen Mitmenschen, denen wir nicht viel gönnen. Erfolgreiche werden schlechtgemacht, Mehrleister als Streber denunziert, „Obezahrer“zum Maßstab erhoben. Wir tappen in die Durchschnittsfalle, wie der Wissenschafter Markus Hengstschläger es treffend beschrieben hat. Wer über das Mittelmaß hinausragt, ist suspekt.
Der allgemeine Grant richtet sich aber auch gegen Projekte, die uns helfen könnten, ein gutes Leben zu führen. Nehmen wir die Beschlüsse des UNO-Klimagipfels in Paris. Österreich soll schon bald zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt werden.
Das heißt: weg von Öl, Gas, importiertem Atomstrom, vor allem weg von der Kohle, dafür hin zu Wasser, Wind, Sonne. Gegen nahezu jeden Versuch, in diese Richtung zu marschieren, regt sich jedoch Widerstand. Mit halsstarriger Verbissenheit bekämpfen wir Kraftwerksprojekte, Stromleitungen und Parkgaragen. Für eine sachliche Debatte bleibt kein Raum. Die Frage, ob irgendwo ein Windrad errichtet werden darf oder nicht, wird zur Glaubensfrage hochstilisiert. Mahnend erheben die den Zeigefinger, die uns sagen, wie wir alle leben müssen. Verbissen, mit wenig Freude, aber korrekt.
In der Flüchtlingsfrage zieht sich ein tiefer Graben durch die Gesellschaft. Alle politisch Beteiligten bemühen sich redlich. Sie ziehen aber nicht an einem Strang und tragen dadurch noch mehr zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. In schwierigen Zeiten wäre ein Schulterschluss notwendig.
Die Wirtschaft ist ein guter Gradmesser dafür, wohin Pessimismus führen kann. Dann werden Sparpakete geschnürt, Investitionen zurückgestellt, Arbeitsplätze abgebaut. Ist sie erst einmal im Gang, dreht sich die Spirale abwärts immer schneller.
Ein wenig Optimismus, und es sieht anders aus. Wirtschaft ist Hoffnung in die Zukunft. Wer darauf vertraut, dass es gut geht, wird sich auch etwas trauen. Erste Anzeichen für einen Aufschwung sehen wir jetzt. Es kommt auf uns alle an. Wir sollten wieder mehr Freude am Alltag zulassen. So etwas lässt sich nicht verordnen, aber erarbeiten.
Negative Menschen dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Sie ziehen alle in ihrer Umgebung hinunter. Und haben auch noch Freude daran. Wir sollten diese Leute ins Boot der Positiven holen. Das ist noch lang nicht voll.
Wie das geht? Wir können mit einem kleinen Lächeln am Morgen beginnen.