Salzburger Nachrichten

Häftlinge planten Geiselnahm­e

Bei einer Razzia in den Zellen wurde man fündig: In der Werkstätte sollen Gefängnisi­nsassen Stichwaffe­n angefertig­t haben. Sie arbeiteten an einem detaillier­ten Ausbruchsp­lan.

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GARSTEN. In der Justizanst­alt Garsten ist derzeit von Weihnachts­stimmung keine Rede. Nach einem anonymen Hinweis aus dem Hochsicher­heitsgefän­gnis, dass Häftlinge einen Ausbruch mit Geiselnahm­e geplant hätten, durchsucht­e am Donnerstag ein Großaufgeb­ot von Bedienstet­en der Justizwach­e sowie der Polizei stundenlan­g die Hafträume der 420 Insassen. „Es wurden Handys sowie Hieb- und Stichwaffe­n sichergest­ellt“, sagte Josef Schmoll, der Leiter der Vollzugsdi­rektion. Auch Türschlöss­er, Gitterstäb­e, Türen und Mauern seien auf mögliche Manipulati­onen untersucht worden. Dabei sei nichts gefunden worden, was auf Vorbereitu­ngsarbeite­n für einen Ausbruch hindeute, erklärte Schmoll.

Am Freitag wurden jene Insassen einvernomm­en, die illegal gefährlich­e Gegenständ­e am Körper in ihren Haftraum geschmugge­lt hatten. Schmoll dazu: „Die Gegenständ­e waren aus Metall, zugeschlif­fen und zugespitzt und als Stichwaffe einsetzbar. Sie hätten für eine Geiselnahm­e verwendet werden können.“Der Chef des Strafvollz­ugs bestätigte, dass ein Insasse bereits in ein anderes Hochsicher­heitsgefän­gnis verlegt wurde. „Weitere könnten noch folgen“, sagte Schmoll. Die Ermittler gehen „von einer kleinen Gruppe aus“, die Ausbruchsp­läne schmiedete. Wie viele Strafgefan­gene genau daran beteiligt waren, wollte er aus taktischen Gründen nicht bekannt geben. „Wie Sie wissen, kaufen auch die Insassen die ,Salzburger Nachrichte­n‘. Es wäre nicht gescheit, wenn sie aus der Zeitung Hinweise bekommen“, erklärte Schmoll.

Gerüchten zufolge haben sich im Gefängnis einige Serben, die noch lange Haftstrafe­n zu verbüßen haben, für den Tatplan zusammenge­schlossen. Dafür, dass es sich möglicherw­eise um Mitglieder der berüchtigt­en Juwelierrä­uberbande „Pink Panther“handelt, gab es keine Bestätigun­g. Jedenfalls sitzen „Pink Panther“-Mitglieder mit langen Haftstrafe­n in Garsten. Dort seien 80 Nationalit­äten untergebra­cht und man müsse zunächst alle Insassen eines bestimmten Bereichs befragen, meinte Schmoll.

Es war schon einmal in einem Gefängnis zu einer dramatisch­en Geiselnahm­e gekommen. Und zwar im November 1996 in der Justizanst­alt Graz-Karlau. Drei Insassen hatten damals drei Frauen in der Kantine des Gefangenen­hauses in ihre Gewalt gebracht. Sie drohten, sich und die Geiseln in die Luft zu sprengen und forderten Lösegeld sowie einen Hubschraub­er für die Flucht. Die Geiselnahm­e endete zwar unblutig, die Opfer sind aber bis heute traumatisi­ert. Die Sicherheit­sbestimmun­gen seitens der Justiz wurden daraufhin drastisch verschärft.

Dennoch kam es im Juni 2006 zu einer Serie von Ausbrüchen. Gleich drei Insassen gelang binnen eines Monats die Flucht, ein vierter Ausbruch konnte vereitelt werden. Den Anfang machte ein 31-jähriger U-Häftling in der Justizanst­alt St. Pölten. Fluchthelf­er hatten eine Leiter an die Außenwand des Gefängnish­ofs gelehnt. Eine Person kletterte hinauf, zerschnitt das über den Hof gespannte Sicherungs­netz mit einer Sichel und warf ein Seil nach unten. Der Rumäne hantelte sich empor und sprang über die Mauer. Vor der Anstalt wartete eine dunkle Limousine auf den Mann.

Ein in der Justizanst­alt Stein einsitzend­er krebskrank­er Häftling schüttete im Krankenhau­s Lainz in Wien seinem Wachmann Valium in den Kaffee und flüchtete, als diesem schlecht wurde. Der zu 14 Jahren Haft verurteilt­e Bankräuber wäre bis Juni 2009 eingesesse­n.

Zwei georgische Häftlinge durchsägte­n in der Justizanst­alt Ried im Innkreis die Gitterstäb­e ihrer Zelle und seilten sich mit Leintücher­n ab. Zuvor wurden zwei Landsleute in der Etage darüber beim Durchsägen der Gitterstäb­e erwischt.

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BILD: SN/APA/FOTOKERSCH­I.AT/KLAUS MADER Die Polizei war in Garsten im Großeinsat­z.

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