Die Banken müssen sich neu erfinden
In Zeiten, in denen es kaum Zinsspannen gibt, können hochwertige Bankdienstleistungen laut Nationalbank nicht mehr kostenlos sein.
Der bevorstehende massive Umbau des Privatkundengeschäfts bei der Bank Austria, die bis 2018 in diesem Bereich 300 Mill. Euro sparen muss, ist erst der Anfang. Der Fall ist symptomatisch für die österreichische Bankenlandschaft, die in den nächsten Jahren vor ähnlichen Umbrüchen stehen dürfte.
Die Zahl der aktuell rund 75.000 Mitarbeiter in den heimischen Finanzinstituten könnte sich in den nächsten fünf Jahren um ein Drittel reduzieren, schätzen Experten. Ein Abbau in dieser Größenordnung sei „nicht unrealistisch“, sagte Ewald Nowotny, der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), am Freitag vor Journalisten.
Seit der Finanzkrise 2008 durchläuft die Bankenbranche einen erheblichen Strukturwandel in Richtung weniger Filialen und Mitarbeiter. Vor allem die niedrigen Zinsen und das schwache Wirtschaftswachstum erhöhen den „Reformdruck“auf die Banken. In Österreich ist diese Entwicklung vergleichsweise spät angelaufen. Hier liege der Anteil der Bankmitarbeiter an der Zahl aller Beschäftigten noch immer doppelt so hoch wie etwa in Finnland oder den Niederlanden.
Zum Ausbruch der Finanzkrise 2008 gab es in Österreich laut OeNB 80.293 Beschäftigte in Banken. Diese Zahl sank auf 75.714 bis Ende 2014, aktuell dürften es wohl noch einmal 1000 weniger sein. Österreich hat eine relativ hohe Bankenund Filialdichte, auf 2012 Personen kommt eine Zweigstelle. Im EUDurchschnitt sind es 2111 Menschen. Dabei gibt es aber massive Unterschiede der Länder untereinander: In Estland kommen gut 10.000 Köpfe auf eine Filiale, in den Niederlanden rund 9000, während in Frankreich oder Italien dieser Wert unter 2000 liegt. Einen „idealen Wert“gebe es hier nicht, meint Vizegouverneur Andreas Ittner. Die Banken müssten herausfinden, „welche Kunden über welchen Vertriebskanal mit welchen Kosten adäquat anzusprechen sind“.
Für die OeNB-Experten liegt daher der Schluss nahe, dass es erst- klassigen Service und Beratung nicht länger zum Nulltarif geben könne. Anders als früher würden weniger Einnahmen wegen der Niedrigzinsen nicht mehr hergeben. Auch vermeintlich einfache Dinge wie Girokonto oder Sparbuch hätten sehr wohl einen Preis. Ittner wies darauf hin, dass auch die Bankomat-Abhebung in vielen Ländern kostenpflichtig sei. Die zu erwartende Konzentration im Bankensektor sei betriebswirtschaftlich positiv, sagt Nowotny. Dass man den Bogen auch überspannen könne, zeigten englische Landstriche ganz ohne Bankstellen.
Trotz des schwierigen Umfelds haben Österreichs Banken zuletzt ihre Widerstandskraft erhöht, stellt die OeNB im jüngsten Bericht über die Stabilität des Finanzmarktes fest. Banken hätten seit 2008 ihr Kernkapital zusammen um 16 Mrd. Euro erhöht und Kreditrisiken mit 52 Mrd. Euro zusätzlich abgesichert. Im ersten Halbjahr 2015 wurden sie auch profitabler. Ob die Verbesserungen nachhaltig sind, müsse sich aber erst zeigen, merkte die OeNB an.
„Es wird nicht mehr erstklassigen Service ohne Kosten geben können.“