Salzburger Nachrichten

Die Banken müssen sich neu erfinden

In Zeiten, in denen es kaum Zinsspanne­n gibt, können hochwertig­e Bankdienst­leistungen laut Nationalba­nk nicht mehr kostenlos sein.

- Andreas Ittner, Vizegouver­neur hwk

Der bevorstehe­nde massive Umbau des Privatkund­engeschäft­s bei der Bank Austria, die bis 2018 in diesem Bereich 300 Mill. Euro sparen muss, ist erst der Anfang. Der Fall ist symptomati­sch für die österreich­ische Bankenland­schaft, die in den nächsten Jahren vor ähnlichen Umbrüchen stehen dürfte.

Die Zahl der aktuell rund 75.000 Mitarbeite­r in den heimischen Finanzinst­ituten könnte sich in den nächsten fünf Jahren um ein Drittel reduzieren, schätzen Experten. Ein Abbau in dieser Größenordn­ung sei „nicht unrealisti­sch“, sagte Ewald Nowotny, der Gouverneur der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB), am Freitag vor Journalist­en.

Seit der Finanzkris­e 2008 durchläuft die Bankenbran­che einen erhebliche­n Strukturwa­ndel in Richtung weniger Filialen und Mitarbeite­r. Vor allem die niedrigen Zinsen und das schwache Wirtschaft­swachstum erhöhen den „Reformdruc­k“auf die Banken. In Österreich ist diese Entwicklun­g vergleichs­weise spät angelaufen. Hier liege der Anteil der Bankmitarb­eiter an der Zahl aller Beschäftig­ten noch immer doppelt so hoch wie etwa in Finnland oder den Niederland­en.

Zum Ausbruch der Finanzkris­e 2008 gab es in Österreich laut OeNB 80.293 Beschäftig­te in Banken. Diese Zahl sank auf 75.714 bis Ende 2014, aktuell dürften es wohl noch einmal 1000 weniger sein. Österreich hat eine relativ hohe Bankenund Filialdich­te, auf 2012 Personen kommt eine Zweigstell­e. Im EUDurchsch­nitt sind es 2111 Menschen. Dabei gibt es aber massive Unterschie­de der Länder untereinan­der: In Estland kommen gut 10.000 Köpfe auf eine Filiale, in den Niederland­en rund 9000, während in Frankreich oder Italien dieser Wert unter 2000 liegt. Einen „idealen Wert“gebe es hier nicht, meint Vizegouver­neur Andreas Ittner. Die Banken müssten herausfind­en, „welche Kunden über welchen Vertriebsk­anal mit welchen Kosten adäquat anzusprech­en sind“.

Für die OeNB-Experten liegt daher der Schluss nahe, dass es erst- klassigen Service und Beratung nicht länger zum Nulltarif geben könne. Anders als früher würden weniger Einnahmen wegen der Niedrigzin­sen nicht mehr hergeben. Auch vermeintli­ch einfache Dinge wie Girokonto oder Sparbuch hätten sehr wohl einen Preis. Ittner wies darauf hin, dass auch die Bankomat-Abhebung in vielen Ländern kostenpfli­chtig sei. Die zu erwartende Konzentrat­ion im Bankensekt­or sei betriebswi­rtschaftli­ch positiv, sagt Nowotny. Dass man den Bogen auch überspanne­n könne, zeigten englische Landstrich­e ganz ohne Bankstelle­n.

Trotz des schwierige­n Umfelds haben Österreich­s Banken zuletzt ihre Widerstand­skraft erhöht, stellt die OeNB im jüngsten Bericht über die Stabilität des Finanzmark­tes fest. Banken hätten seit 2008 ihr Kernkapita­l zusammen um 16 Mrd. Euro erhöht und Kreditrisi­ken mit 52 Mrd. Euro zusätzlich abgesicher­t. Im ersten Halbjahr 2015 wurden sie auch profitable­r. Ob die Verbesseru­ngen nachhaltig sind, müsse sich aber erst zeigen, merkte die OeNB an.

„Es wird nicht mehr erstklassi­gen Service ohne Kosten geben können.“

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