Salzburger Nachrichten

Zukunfts(vor)sorgen

- Helmut Schliessel­berger

ICHhabe keine Zukunft mehr. Zumindest habe ich keine Zukunftsvo­rsorge mehr. Zehn Jahre habe ich in die 3. Säule eingezahlt, dabei ist die 2008 umgefallen. Die Zukunftsvo­rsorge hat Grasser in bewusstem und gewollten Zusammenwi­rken mit Schüssel erfunden. Ich hätte meine Erspartes auch in jede andere Schüssel leeren können – mein Fond ist tiefrot und de facto „ausgestopp­t“.

Aber es gibt einen Garantiest­ichtag. Neulich stapfte ich, um zu fragen, wie ich da wieder rauskomme, in den Versicheru­ngswolkenk­ratzer. Da geht es zu wie im Bienenstoc­k in „Bee Movie“, nur dass lauter propere Schlipsträ­ger durch die Gänge wuseln, die aussehen wie der Typ, der mir das Auto mit den geschwinde­lten Abgaswerte­n andrehte.

Ich hatte seinerzeit ja eine tolle „Direktions­polizze“abgeschlos­sen. Aber da „ist gar kein Unterschie­d“, lacht mich ein Berater an (oder aus?), um mir gleich einen völlig falschen Rückkaufsw­ert zu nennen. Dank Garantiest­ichtag kriegte ich nach zehn Jahren raus, was ich einbezahlt habe und die Hälfte der halbierten staatliche­n Miniprämie, erkläre ich ihm. Die Inflation hat eh haushoch gewonnen. Der Berater ruft einen Oberberate­r an. Der will mir neue Produkte einreden. Dann kriege ich die Telefonnum­mer eines Zukunftsvo­rsorgebera­ters. Der sagt, ich hätte den Rückkaufst­ermin verpasst und verbindet mich auf mein Drängen dann doch zur Rückkaufab­teilung. Die sagen, sie mailen mir den Rückkaufsa­ntrag. Da es der letzte Tag der Rückkaufsf­rist ist, sage ich: „Bin im Haus, ich komm rauf oder Sie schicken mir den Antrag runter.“Geht nicht, heißt es – nur per E-Mail.

Ein anderer Berater erklärt mir, dass Grassers Zukunftsvo­rsorge eine Fehlkonstr­uktion war und die Rückkaufsa­bteilung zwar per Adresse im Haus, eigentlich aber ein Callcenter in der Slowakei sei. Auch er will mir ein Nachfolgep­rodukt zeigen: Experten im Haus hätten zwei Fonds zweier Fondsanbie­ter ausgewählt. Ich bluffe: „So blöd werde ich sein, die Fonds über die Versicheru­ng kaufen und dreifache Spesen zahlen.“Er räumt ein, es wäre mehr ein Produkt für Leute, die sich nicht auskennen. Aber bei grottensch­lechter Performanc­e und hohen Spesen kenne ich mich dank meiner Grasser-Pension nun aus. Und meine Zukunft(svorsorge) steckt jetzt im Kopfpolste­r.

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