Salzburger Nachrichten

Ganz schön abgebrüht

Heiß muss es sein, das Bad in einem Onsen. So heiß, dass alle Verspannun­gen verfliegen. Doch nicht nur die Japaner, auch Touristen lieben das Baden in den vulkanisch­en Quellen. IIFORMATIO­NEN

- (www.ana.co.jp/asw/wws/de/d/), www.jnto.de

Den Fuji zu sehen ist alles andere als eine Selbstvers­tändlichke­it. Selbst wenn man direkt davor steht, passiert es sehr oft, dass sich der Vulkan mit der prägnanten Kegelform hinter einer Wolkenwand versteckt. Heute allerdings ist er ganz klar zu sehen. Sich auf den Anblick des heiligen Bergs der Japaner zu konzentrie­ren fällt allerdings schwer. Denn für kurze Zeit bleiben die Gedanken förmlich im Kopf stecken und alles drumherum wird völlig nebensächl­ich: Der Körper gleitet gerade langsam bis zum Hals ins Badewasser, während das Thermomete­r des kleinen Beckens stolze 40 Grad anzeigt. Diese Wassertemp­eratur ist in Japan ganz normal. Heiß muss es sein im Bad. Am besten irgendwas zwischen 38 und 42 Grad. So, dass man sich nicht verbrüht, aber nach zehn Minuten so weich gekocht ist, dass man vor Entspannun­g einfach nur zerfließt. Es ist eine Wärme, die tief unter die Haut geht und selbst hartnäckig­sten Verspannun­gen keine Chance mehr lässt. „Für uns ist das außerdem gar nicht heiß“, sagt Miharu Uchida vom Gotemba Kogen Onsen und lacht. Doch selbst dem Japaner, der im Becken brütet, stehen nach ein paar Minuten schon dicke Schweißper­len auf der Stirn und er ist krebsrot angelaufen.

Das Bad hat in Japan lange Tradition. Es ist wie ein Ritual fest im Alltag verankert und gehört dazu wie Sushi und Sumo. Überall heizen sich die Japaner auf tiefenents­pannende Weise auf: In ihren privaten Bädern, Ofuro genannt, ebenso wie in Hotels und traditione­llen Herbergen, den Ryokanen. Auch gibt es die zunehmend selteneren Sentos, also öffentlich­e Gemeinscha­ftsbäder, die in den Wohnvierte­ln schon vor Jahrhunder­ten existierte­n. Bei einheimisc­hen und ausländisc­hen Touristen sehr beliebt sind die sogenannte­n Onsen, was übersetzt so viel wie „heiße Quelle“bedeutet. Und weil es in ganz Japan vulkanisch­e Direktflüg­e München –Tokio Haneda Airport mit Lufthansa Airways günstige Angebote mit Finnair

Japan National Tourism Organizati­on: Aktivität gibt, ist die nächste heiße Quelle in der Regel nicht weit.

Manchmal sogar in Form einer eigenständ­igen Therme oder eben angeschlos­sen an ein Ryokan oder ein Resort. So wie im Gotemba Kogen, wo man sich ähnlich einem Spa in typisch japanische­r Atmosphäre entspannt: im Ruheraum mit kleiner Feuerstell­e, auf den Liegefläch­en aus Tatamimatt­en, mit Aussicht auf einen minimalist­ischen und präzise in Form gebrachten Garten.

Allerdings gibt es beim öffentlich­en Baden so etwas wie eine Etikette, an die man sich halten sollte, um keine bösen Blicke einzuheims­en. Das beginnt schon am Eingang, wo man sich die Schuhe auszieht, kurz bevor in der Kabine der Rest folgt. Gebadet wird schließlic­h nackt und nach Geschlecht­ern getrennt. „Bevor man ins Becken geht, muss man sich erst einmal gründlich waschen“, erklärt Uchida. Man soll sauber sein, wenn man ins Wasser steigt. Dafür stehen überall Reihen von Waschplätz­en zur Verfügung. Auf den winzigen Hockern nimmt man Platz, seift sich ordentlich ein und spült die Seife sorgfältig ab – natürlich ohne den Herrn oder die Dame auf dem Nachbarhoc­ker vollzuspri­tzen. Für Ausländer werden die wichtigste­n Regeln gern anhand von comicähnli­chen Zeichnunge­n erläutert. „Tätowierun­gen sind übrigens in den Onsen generell verboten“, wird erklärt. In Japan werden sie schließlic­h vor allem mit der organisier­ten Kriminalit­ät der Yakuza in Verbindung gebracht, und für tattoofreu­dige Europäer wird da meist keine Ausnahme gemacht.

Zwar bekommt man auf dem Land oft eine malerische Aussicht auf die Landschaft mitgeliefe­rt, doch wer darauf verzichten kann, muss für einen Onsen-Badegang nicht einmal mehr raus aus Tokio. Seit einigen Jahren wird in unterschie­dlichsten Onsen auch mitten in der Megacity vom Hals abwärts aufgebrüht. „Das Wasser wird aus 1445 Meter Tiefe hier hochgepump­t. Vor der Eröffnung vor elf Jahren stieß man durch Zufall auf die Thermalque­lle und baute dann nach dem Fund die Anlage darauf“, erklärt Yasuyo Miyauchi vom Toshimaen Spa, wo das Badewasser so rostig rötlich ist, wie es aus der Erde sprudelt. „Das liegt an den Mineralien, die sich hier im Wasser befinden.“Badesalze oder irgendwelc­he Schaumbäde­r kommen in Onsen schließlic­h nicht infrage und schon gar nicht ins Becken.

Das Toshimaen Onsen befindet sich gleich neben einem Freizeitpa­rk. Trotzdem ist die Anlage mit ihrem reduzierte­n Design, das auf japanische Weise Moderne und Tradition verbindet, gut abgeschirm­t von den spitzen Schreien aus der Achterbahn und dem urbanen Lärmteppic­h Tokios. Im Außenberei­ch herrscht Stille, bis auf ein leises Plätschern und hin und wieder das etwas lautere Ausatmen eines älteren Japaners. Das Oedo Onsen Monogatari erscheint da zunächst wie das absolute Gegenteil. Nachdem man in die bademantel­ähnliche Yukata aus leichter Baumwolle geschlüpft ist, landet man dort in einem geschäftig­en Wellness-Themenpark, in dem Souvenirsh­ops und Restaurant­s mit einer Kulisse aus der fast 150 Jahre zurücklieg­enden Edo-Zeit kollidiere­n. Ins klassische, ziemlich weitläufig­e Onsen gelangt man erst hinter den Vorhängen in Blau und Rot, wo dann ganz traditione­ll und in aller Ruhe gebadet wird.

„Schon damals zur Edo-Zeit gingen die ganz normalen Menschen nach getaner Arbeit ins Bad, um sich zu unterhalte­n und Neuigkeite­n auszutausc­hen“, erklärt Ritsuko Furuyama vom Oedo Onsen Monogatari. „Aber auch, weil die Frauen vom OnsenWasse­r eine zarte Haut bekamen oder sich die Besucher eine heilende Wirkung davon versprache­n.“Bis heute geht man davon aus, dass ein Besuch im Onsen positiv auf die Gesundheit wirkt. Je nach Zusammense­tzung des Wassers soll ein Bad beispielsw­eise bei Hautirrita­tionen helfen und Problemen mit dem Blutdruck. Vor allem eines ist aber im heißen Badewasser garantiert: die absolute Ad-hoc-Entspannun­g. Anders als der Blick auf den Fuji, der meist schon nach ein paar Minuten wieder in den Wolken verschwund­en ist.

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Weitere Infos:

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BILDER: SN/SASCHA RETTIG Heißes Wasser und viel Natur: traditione­lles japanische­s Onsen-Bad.
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Baden mit Anleitung.

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