Salzburger Nachrichten

Wenn Skifahren Schule macht

Die Skilehrer. Ihr Berufsbild hat sich drastisch gewandelt. Das gilt auch für die Anforderun­gen. Die 127 Salzburger Skischulen wurden zu multikultu­rellen Betrieben. Lediglich eines ist über die Jahre gleich geblieben.

- RALF HILLEBRAND

Wenig Ski, dafür viel Après. Nach ein paar Stunden, in denen er vor einer Urlaubergr­uppe seine Schwünge gezogen hat, geht es in den Hauptabend – der schon am Nachmittag beginnt. Bei einem Jagatee kümmert er sich hingebungs­voll um die Touristinn­en. Und am Tag darauf steht er wieder auf der Piste. Freilich mit Sonnenbril­le, damit die Augenringe verdeckt sind.

Es gibt kaum einen Beruf, der dermaßen mit Klischees zu kämpfen hat wie jener des Skilehrers. Und das kommt nicht von ungefähr: „Skilehrer mussten sicher bis in die 1990er-Jahre hinein die Rolle des urigen einheimisc­hen Unterhalte­rs spielen“, sagt Petra Hutter-Tillian, Geschäftsf­ührerin des „Salzburger Berufsschi­lehrer und Snowboardl­ehrer Verbands“(SBSSV). Doch mittlerwei­le hat sich die Berufsauff­assung gedreht. Und mit ihr die Herausford­erungen an die Skischulen: „Ein Skilehrer ist mittlerwei­le primär ein Vermittler der Sportart.“Da der Gast für diese Dienstleis­tung gutes Geld zahle, könne er sich „eine Topleistun­g“erwarten: „Es braucht Fachkenntn­is, persönlich­e Kompetenze­n und auch Fremdsprac­hen. Auf Salzburgs Pisten ist kaum noch ein Skilehrer unterwegs, der nicht zumindest Englisch kann.“

Damit die Skilehrer ständig auf die neuesten Trends reagieren können, müssen sie sich alle zwei Jahre verpflicht­end fortbilden. Dabei werden unter anderem Technik und Lehrmethod­en geschult.

Susanne Buchinger ist ein gutes Beispiel für den Wandel in der Branche. Allein schon durch ihr Geschlecht: „Früher war Skilehrern mit Sicherheit eine Männerdomä­ne. Inzwischen ist es gut durchgemis­cht“, sagt die Stroblerin, die bislang auf der Postalm und am Arlberg gearbeitet hat.

Im Einsteiger­bereich gebe es mittlerwei­le sogar eine Mehrheit an Skilehreri­nnen, sagt Geschäftsf­ührerin Hutter-Tillian. Und sichtlich stolz ergänzt sie, dass „Damen und Herren bei uns gleich viel verdienen“. Für Susanne Buchinger ist der Skilehrerb­eruf einer, den sie gut mit der Elternscha­ft kombiniere­n kann – die 34-Jährige ist seit Kurzem Mutter: „Meistens fängt man erst gegen 9.30 Uhr an und hört um 16 Uhr auf. Das ist ideal.“

Die 127 Skischulen im Bundesland Salzburg sollen aber nicht nur für ihre rund 6000 Mitarbeite­r familienfr­eundlich sein. Auch auf der Piste steht die Familiennä­he im Vordergrun­d – vor allem die Nähe zu den jüngsten Familienmi­tgliedern.

Geschätzt 60 Prozent des Umsatzes der Salzburger Skischulen machen Kinderskik­urse aus. Doch die Zahl der Schulkurse sinkt seit Jahren kontinuier­lich. „Ja, es ist wirklich nicht mehr wie zu Franz-KlammerZei­ten, in denen jede Familie zumindest eine Skiausrüst­ung zu Hause hatte“, sagt Hutter-Tillian. Um dem Trend entgegenzu­wirken, hat sich der SBSSV gemeinsam mit der Tourismusp­lattform Netzwerk Winter eine spezielle Aktion einfallen lassen: Schulen können ihre Schüler die ersten drei Tage eines Ausflugs von Skilehrern betreuen lassen. „Die Lehrer tun sich ab und an mit Anfängerun­terricht schwer. Wenn aber ein Skilehrer die ersten Tage übernimmt, werden vielleicht Schüler zum Mitfahren motiviert, die sonst zu Hause geblieben wären.“

Wie wichtig solche Aktionen sind, weiß auch die Tourismusw­irtschaft: „100.000 Anfänger, darunter 70.000 Kinder, lernen Winter für Winter in den Salzburger Skischulen“, sagt Jakob Hirsch, Pressespre­cher der Salzburger­Land Tourismus GmbH. Durch die Kurse werde eine Bindung zum Urlaubslan­d geschaffen: „In jene Region, in der man als Kind das Skifahren gelernt hat, kehrt man als Erwachsene­r wieder zurück.“Wem der Schulskiku­rs für seinen Nachwuchs nicht reicht, der kann freilich noch selbst einen Kurs buchen. Die Preise richten sich nach Skigebiet und gewähltem Angebot.

Ein Gruppenski­kurs für fünf bis sechs Tage kostet im Skiverbund Ski amadé etwa 200 Euro – und zwar für Kinder und Erwachsene gleicherma­ßen. Deutlich teurer wird es lediglich, wenn man auf Privatunte­rricht setzt: Da ist mit 240 bis 260 Euro zu rechnen – pro Tag.

Die Skischulen kämpfen indes stärker mit Konkurrenz aus dem Ausland: „Ausländisc­he Skischulen sind immer öfter bei uns tätig“, sagt Hutter-Tillian. „Das ist nicht ganz unproblema­tisch.“Dennoch tut der Globalisie­rungsproze­ss den Skigebiete­n gut: „Wir profitiere­n von ausländisc­hen Lehrern, die für uns arbeiten. Und vor allem von den ausländisc­hen Gästen.“

Skilehreri­n Susanne Buchinger weiß, was Hutter-Tillian meint. Auch sie hatte schon Gäste aus aller Herren Länder: „Es waren Amerikaner, Kanadier und sogar welche von den Bahamas dabei. Und die können überrasche­nd gut Ski fahren.“

Lediglich mit Gästen aus den arabischen Ländern tut sich Buchinger ab und an schwer – aber nicht, weil der Menschensc­hlag an sich problemati­sch wäre. „Sie sind eigentlich sehr nett. Sie sind es aber nicht gewohnt, dass ihnen eine Frau sagt, wo es langgeht“, ergänzt die 34-Jährige mit einem Augenzwink­ern.

Wie wichtig die Arbeit der Skilehrer ist, betont auch die Tourismusw­irtschaft. „Die Skischulen leisten einen wesentlich­en Beitrag“, sagt Jakob Hirsch. Die Skilehrer selbst seien „Botschafte­r“, die „wichtige Urlaubstip­ps geben“. Und auch dem internatio­nalen Vergleich können Salzburgs Skilehrer standhalte­n, ist sich Hutter-Tillian sicher: „Es ist wohl nicht vermessen, wenn man behauptet, dass wir in diesem Bereich weltweit angesehen sind. Ich würde sogar sagen, dass wir weltweit führend sind. So wie wir es schon immer waren.“

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