Salzburger Nachrichten

Die Männer bleiben unter sich

Frauen sind in Aufsichtsr­äten weiterhin unterreprä­sentiert. Eine neue WU-Studie zeigt, auf welcher Basis die Männer ihre Bastionen weiterhin behalten.

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Der Frauenante­il in den österreich­ischen börsenotie­rten Aktiengese­llschaften liegt mit nur 13 Prozent unter dem Durchschni­tt der 28 EUMitglied­sstaaten (European Commission 2014). Astrid Hainzl, Absolventi­n und mittlerwei­le Dissertant­in am Institut für Gender und Diversität in Organisati­onen an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien (WU), ging in ihrer Masterarbe­it der Frage nach, welche homosozial­en Praktiken in der Evaluierun­g von Kandidatin­nen und Kandidaten für die Besetzung von Aufsichtsr­atspositio­nen angewandt werden, die damit bis heute die Aufrechter­haltung einer ungleichen Geschlecht­erverteilu­ng in österreich­ischen Aufsichtsr­äten begünstige­n.

Mithilfe der geführten Experten-Interviews konnten konkrete Vorgehensw­eisen dafür identifizi­ert werden. Die Interviews waren Teil des von der EU-Kommission geförderte­n und vom WU-Institut für Gender und Diversität in Organisati­onen durchgefüh­rten Progress-Projekts.

Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein klares Bild: Kandidatin­nen werden stärker an ihren Eignungskr­iterien gemessen als Kandidaten. Der Begriff „Kompetenz“wird im Evaluierun­gsprozess sehr flexibel ausgelegt, da er entspreche­nd dem Geschlecht der zu evaluieren­den Person definiert und gewichtet wird. „Während Einigkeit darüber besteht, dass eine einzelne Person nicht alle fachlichen Anforderun­gen an das Gremium allein abdecken kann, werden Frauen sehr wohl an sehr spezifisch­en Qualifikat­ionen gemessen.

Daher müssen Frauen ihre Kompetenz so unter Beweis stellen, dass kein Zweifel daran möglich ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine Frau bereits eine Vorstandsp­osition erreicht hat“, erklärt Hainzl: „Gerade in Vorständen sind Frauen aber zahlenmäßi­g weitaus weniger oft vertreten. Die ungleiche Anforderun­g an und Bewertung von Kompetenz stellt somit eine homosozial­e Praktik dar, die Männer im Evaluierun­gsprozess begünstigt.“ Der Evaluierun­gsprozess bei der Besetzung von Aufsichtsr­atspositio­nen basiert sehr stark auf Vertrauen. Dieses wird fast ausschließ­lich auf der Grundlage von persönlich­en Beziehunge­n gebildet, die wiederum vor allem in Netzwerken entstehen. Für Frauen sind diese Gruppierun­gen oft nicht oder nur sehr schwer zugänglich, da innerhalb der Netzwerke Homogenitä­t beispielsw­eise bezüglich Eigenschaf­ten, Weltanscha­uung und Werten bedeutend ist. Diese Homogenitä­t können Frauen schon aufgrund ihres Geschlecht­s nicht erfüllen. Vertrauen in der Evaluierun­g von Kandidatin­nen und Kandidaten zu einem wesentlich­en und ausschlagg­ebenden Kriterium zu machen ist daher laut Studie eine homosozial­e Praktik, die Frauen benachteil­igt.

Zudem wird das im Aufsichtsr­at geltende Werte- und Normensyst­em, bei gleichzeit­igem öffentlich­en Druck, mehr Frauen in Aufsichtsr­äte aufzunehme­n, beibehalte­n, indem die Gruppe der Frauen, die für Aufsichtsr­atsmandate nominiert wird, sehr klein gehalten wird. Diese Gruppe konnte ihre Kompetenz eindeutig unter Beweis stellen und hat eine starke Sozialisie­rung im Gremium erfahren. Wird für eine vakante Position in einem Aufsichtsr­at eine Frau gesucht, wird meist auf diese wenigen zurückgegr­iffen. So wird dem Druck, Frauen in Aufsichtsr­atspositio­nen aufzunehme­n, zumindest in geringem Ausmaß nachgegebe­n, während das Wertesyste­m dabei nicht verändert wird. Die Aufteilung der Aufsichtsr­atsmandate auf eine sehr kleine Gruppe an Frauen ermöglicht so den Erhalt geltender Werte und Normen.

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