„Brillanter Musiker und Humanist“
Kurt Masur, friedlicher Protagonist der deutschen Wende, ist gestorben.
„Wir trauern um einen brillanten Musiker, einen großen Humanisten und einen engagierten Kosmopoliten.“Mit diesen Worten reagierte der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck auf eine traurige Nachricht: Der Dirigent Kurt Masur ist 88-jährig an den Folgen seiner Parkinson-Erkrankung gestorben. Vor allem als Chef des Leipziger Gewandhausorchesters und der New Yorker Philharmoniker hat er maßgeblich klassische Musik gestaltet. Heute, Montag, wird in Leipzig ein öffentliches Kondolenzbuch aufgelegt.
Zum Mythos wurde er 1989: Er unterzeichnete am 9. Oktober 1989 den „Aufruf der Leipziger 6“zur Gewaltlosigkeit bei der entscheidenden Montagsdemonstration. Rund 70.000 Menschen hatten sich in Leipzig versammelt, um unter dem Ruf „Wir sind das Volk“gegen die Verhältnisse in der DDR zu protestieren. Über den Leipziger Stadtfunk und rund 200 Lautsprecher rief Kurt Masur zur Besonnenheit auf. Neben dem Dirigenten waren am „Aufruf der Leipziger 6“Pfarrer Peter Zimmermann, der Kabarettist Bernd-Lutz Lange und die Sekretäre der SED-Bezirksleitung Kurt Meyer, Jochen Pommert und Roland Wötzel beteiligt. Der 9. Oktober 1989 gilt seither als entscheidender Tag der friedlichen Revolution.
Der in Schlesien geborene Masur begann mit fünf Jahren, sich selbst Klavierspielen beizubringen. Eigentlich wollte er Organist werden. Doch als 16-Jähriger erfuhr er, dass seine Finger wegen einer genetischen Sehnenverkürzung verkrüppeln würden. Er sattelte aufs Dirigieren um, studierte an der Musikhochschule Leipzig und wurde bald Chefdirigent bei Walter Felsenstein an der Komischen Oper Berlin sowie bei den Dresdner Philharmonikern. Im August 1970 trat er in die Fußstapfen Felix Mendelssohn Bartholdys – als Kapellmeister des Leipziger Gewandhauses. 27 Jahre sollte er dort wirken.
Von 1991 bis 2002 war er Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, von 2002 bis 2007 in gleicher Funktion beim London Philharmonic Orchestra; und bis 2008 leitete er das Orchestre National de France. Noch als über 80-Jähriger tourte er neun Monate im Jahr um die Welt. „Es hält mich fit, wenn ich weiß, morgens um 10 Uhr ist Probe. Soll ich aufhören und auf den Tod warten?“, sagte der Maestro. Auch nach einem Sturz im Frühjahr 2012 in Paris, bei dem er sich das Schulterblatt gebrochen hatte, kehrte er an das Dirigentenpult zurück.
Bei den Salzburger Festspielen trat er als Dirigent von Wiener Philharmonikern, Gewandhausorchester und New York Philharmonic auf.