Theaterkunst geht von Mensch zu Mensch
„Die Schneekönigin“ist ein leuchtendes Beispiel, wie eigenständig Nichtbehinderte und Behinderte zusammenspielen können.
Mittlerweile sind sie schon so etwas wie die Stars im inklusiven Ensemble des Theaters ecce. Alexander Dick fiel als charakteristische Bühnenerscheinung dadurch auf, dass er lange Suaden halten konnte und dabei zu eigenartigen Rhythmen fand. Jetzt spielt er sehr konzentriert die Rolle des bösen Kommerzienrats in Reinhold Tritschers Theatralisierung der „Schneekönigin“, die derzeit im Salzburger republic aufgeführt wird und einen wunderbaren Märchenzauber verströmt.
Stefan Wartbichler gibt in dieser Produktion unter anderem einen kugelrunden Raben und wird gewiss nicht als Mitglied eines „Theaters für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“wahrgenommen, sondern eben als wunderbar komischer Vogel.
Mit „Inklusionskünstlern“leisten das Theater ecce und die Blauen Hunde seit Jahren Pionierarbeit für ein Theater, das Gesunde und „Behinderte“(und mittlerweile auch „Fremde“, also Menschen mit Migrationshintergrund) gleichrangig zu künstlerischen Leistungen anspornen will – weil alle Menschen mit besonderen Talenten sind. Die poetische Theatersprache, die Reinhold Tritscher und Wolf Junger dafür entwickeln, sichert eine eigene Facette der Bühnenkunst.
Die grundsätzliche Anerkennung dafür ist zwar gegeben, auch wenn Reinhold Tritscher meint, in Österreich sei man noch deutlich von Deutschland entfernt, wo es zum Beispiel das Recht auf ein „persönliches Budget“für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gebe.
Die Integration behinderter Schauspieler, wie sie das Staatstheater Darmstadt seit zwei Jahren fördert, hat dadurch einen anderen Stellenwert. Samuel Koch beispielsweise, der in einer „Wetten, dass . . ?“-Show verunglückte diplomierte Schauspieler, spielt aktuell die Titelrolle in Kleists „Prinz von Homburg“, Kafkas „Bericht für eine Akademie“und ist in Schillers „Räubern“besetzt. Die Rollstuhlfahrerin Jana Zöll agiert in einem Monolog von Franziska Walser und hat bald mit Tschechows „Onkel Wanja“(in der Rolle der Nania) Premiere. Immerhin habe hierzulande, sagt Tritscher, ein Wiener Schauspieler mit Downsyndrom kürzlich die Bühnenprüfung vor der Paritätischen Kommission abgelegt.
Nicht um die Grundfinanzierung für inklusive Kulturprojekte zu geben, sondern „um den Mehraufwand, der deshalb erforderlich ist, zu ermöglichen“, haben Alois Autischer, Daniel Pfeifenberger und Thomas Zezula nun in Salzburg den Verein Freunde inklusiver Kunst und Kultur gegründet. Man will einerseits Initiativen zur Förderung inklusiver Kunst wecken, andererseits potenzielle Projektsponsoren vermitteln und Netzwerke knüpfen. Die Jahresmitgliedsbeiträge betragen für Unternehmen 1500 Euro, für Private 90 Euro. Schon jetzt konnte der Verein „Die Schneekönigin“mit 7000 Euro für speziellen Mehraufwand unterstützen.
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