Salzburger Nachrichten

Das Ende der Scheinheil­igkeit ist nun erreicht

Der Weltsport ist im Umbruch. Die strengen Sperren im FIFA-Urteil können nur der Anfang einer Selbstrein­igung sein.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SALZBURG.COM

Die Präpotenz ist unvergesse­n. Noch vor wenigen Monaten rügte FIFA-Präsident Joseph Blatter kritische Journalist­en bei internatio­nalen Pressekonf­erenzen, die Aufklärung in Sachen Korruption forderten, und ließ sie meist unsanft aus dem Saal entfernen. Am Montag kannte diese Hybris kein Ende: „Als eine Schande“bezeichnet­e der Mann, der 6331 Tage die FIFA beherrscht­e, die acht Jahre Sperre, verhängt durch die Ethikkommi­ssion des Fußball-Weltverban­des. Zwei Millionen Franken 2011 an UEFA-Präsident Michel Platini, der ebenfalls für acht Jahre gesperrt wurde, waren dubios und brachten den Schweizer zu Fall. Blatter will berufen. Na klar.

Blatter und Platini, deren Funktionär­skarrieren mit der Sperre vermutlich beendet sind, sind ein Symbolbild für den derzeitige­n Weltsport. Es sind Machtmensc­hen, die ihr selbst geschaffen­es System missbrauch­en und nicht loslassen wollen. Was zählt, sind die Millionen auf den Konten durch Sponsorver­träge – der Mensch zählt wenig. Ist nur noch Mittel zum Zweck. Deshalb sind Sportmario­netten den Spitzenfun­ktionären im Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) oder bei der FIFA am liebsten. Nur kuschen, nicht aufbegehre­n und ja nicht nachdenken.

Deshalb waren die Aufdecker in diesem Jahr besonders erfolgreic­h: Wenn die Gier zu groß wird, wackelt das System. Das Ende der Scheinheil­igkeit und der „Unechtheit“, wie es Österreich­s Rekordolym­pionike, Felix Gottwald, dieser Tage in einem SN-Gespräch nannte, ist erreicht.

Es ist Zeit für eine Selbstrein­igung. Die Basis dafür ist eine Selbsterke­nntnis. Warum nicht offen eine Olympiabew­erbung ausschreib­en – wie beispielsw­eise bei Großprojek­ten in der Wirtschaft – und der Mär ein Ende bereiten, dass Sportgroße­reignisse nicht gekauft werden können? Warum nicht offen ausspreche­n, dass viele Sportarten im Dopingsump­f versinken, und gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen für strengere Strafen schaffen? Ein Fair-Play-Transparen­t im Fußballsta­dion ist zu wenig, wenn Fairness beim Weltverban­d nur als Korruption unter dem Motto „es machen eh alle“vorgelebt wird.

Die Werte des Sports sind verloren gegangen. Sie gilt es wieder hervorzuho­len, besonders bei kommenden Generation­en. Respekt, Fairness oder Toleranz sind nicht mehr selbstvers­tändlich. Das IOC hat einen Vorstoß gewagt: Bei den Olympische­n Spielen der Jugend werden seit einiger Zeit diese Werte gepflegt und die Spiele von Ex-Sportgröße­n begleitet. Es ist nur ein kleiner Anfang, aber es ist einer.

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