Das Ende der Scheinheiligkeit ist nun erreicht
Der Weltsport ist im Umbruch. Die strengen Sperren im FIFA-Urteil können nur der Anfang einer Selbstreinigung sein.
Die Präpotenz ist unvergessen. Noch vor wenigen Monaten rügte FIFA-Präsident Joseph Blatter kritische Journalisten bei internationalen Pressekonferenzen, die Aufklärung in Sachen Korruption forderten, und ließ sie meist unsanft aus dem Saal entfernen. Am Montag kannte diese Hybris kein Ende: „Als eine Schande“bezeichnete der Mann, der 6331 Tage die FIFA beherrschte, die acht Jahre Sperre, verhängt durch die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes. Zwei Millionen Franken 2011 an UEFA-Präsident Michel Platini, der ebenfalls für acht Jahre gesperrt wurde, waren dubios und brachten den Schweizer zu Fall. Blatter will berufen. Na klar.
Blatter und Platini, deren Funktionärskarrieren mit der Sperre vermutlich beendet sind, sind ein Symbolbild für den derzeitigen Weltsport. Es sind Machtmenschen, die ihr selbst geschaffenes System missbrauchen und nicht loslassen wollen. Was zählt, sind die Millionen auf den Konten durch Sponsorverträge – der Mensch zählt wenig. Ist nur noch Mittel zum Zweck. Deshalb sind Sportmarionetten den Spitzenfunktionären im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) oder bei der FIFA am liebsten. Nur kuschen, nicht aufbegehren und ja nicht nachdenken.
Deshalb waren die Aufdecker in diesem Jahr besonders erfolgreich: Wenn die Gier zu groß wird, wackelt das System. Das Ende der Scheinheiligkeit und der „Unechtheit“, wie es Österreichs Rekordolympionike, Felix Gottwald, dieser Tage in einem SN-Gespräch nannte, ist erreicht.
Es ist Zeit für eine Selbstreinigung. Die Basis dafür ist eine Selbsterkenntnis. Warum nicht offen eine Olympiabewerbung ausschreiben – wie beispielsweise bei Großprojekten in der Wirtschaft – und der Mär ein Ende bereiten, dass Sportgroßereignisse nicht gekauft werden können? Warum nicht offen aussprechen, dass viele Sportarten im Dopingsumpf versinken, und gesetzliche Rahmenbedingungen für strengere Strafen schaffen? Ein Fair-Play-Transparent im Fußballstadion ist zu wenig, wenn Fairness beim Weltverband nur als Korruption unter dem Motto „es machen eh alle“vorgelebt wird.
Die Werte des Sports sind verloren gegangen. Sie gilt es wieder hervorzuholen, besonders bei kommenden Generationen. Respekt, Fairness oder Toleranz sind nicht mehr selbstverständlich. Das IOC hat einen Vorstoß gewagt: Bei den Olympischen Spielen der Jugend werden seit einiger Zeit diese Werte gepflegt und die Spiele von Ex-Sportgrößen begleitet. Es ist nur ein kleiner Anfang, aber es ist einer.