Salzburger Nachrichten

Eine völlig neue Asylpoliti­k

Deutschlan­d und Österreich arbeiten an einer europäisch­en Lösung der Flüchtling­skrise. Doch es wird schwierig werden, Osteuropa ins Boot zu holen.

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WIEN. Die massenhaft­e Migration nach Europa ist aus den Schlagzeil­en verschwund­en. Das bedeutet nicht, dass sie auch aus der Realität verschwund­en ist. „Der Flüchtling­szustrom von den griechisch­en Inseln in der Ostägäis aufs Festland hält an“, meldeten am Montag die Nachrichte­nagenturen. „An Bord von drei Fähren sind am frühen Montagmorg­en gut 4000 Migranten und Flüchtling­e im Hafen von Piräus angekommen. Sie kamen von den Inseln Lesbos und Chios. Fast alle wollten weiter nach Westeuropa“, hieß es in den Agenturber­ichten weiter.

Deutsche und österreich­ische Regierungs­politiker arbeiten gemeinsam an einem Vorschlag, wie die unkontroll­ierten Flüchtling­sströme quer durch Europa eingedämmt werden können. Die Verhandlun­gsfäden laufen bei zwei Politikern zusammen, die als enge Vertraute ihrer Regierungs­chefs Angela Merkel und Werner Faymann gelten. Und zwar beim deutschen Kanzleramt­sminister Peter Altmaier, CDU, und seinem österreich­ischen Pendant Josef Ostermayer, SPÖ. Ein erstes Positionsp­apier aus dem österreich­ischen Kanzleramt deutet darauf hin, dass die offenen Grenzen der Vergangenh­eit angehören sollen. „Illegale Einreisen in die EU“, wie sie derzeit täglich tausendfac­h geschehen, sollen demzufolge unterbunde­n werden. Die Flüchtling­e müssen sich laut dem Vorschlag in Hotspots registrier­en lassen und werden dann einem EU-Land zugeteilt, das sie nicht verlassen dürfen. Selbst in den ersten fünf Jahren nach Zuerkennun­g des Asylstatus soll sich der Betreffend­e noch nicht frei in Europa bewegen können. So soll verhindert werden, dass sich in den nächsten Jahren wieder Hunderttau­sende in Deutschlan­d, Österreich und Schweden niederlass­en, während die Flüchtling­swelle an den meisten anderen EU-Ländern spurlos vorbeigeht. Sollte ein Asylbewerb­er kein Asyl bekommen, soll er in seine Heimat zurückgebr­acht werden.

Der österreich­ische Vorschlag, der wohl in einem gemeinsame­n deutsch-österreich­ischen Vorstoß münden wird, hat einen gewaltigen Pferdefuß: Etliche EU-Länder – nämlich vor allem jene, die derzeit kaum Flüchtling­e aufnehmen – werden nur schwer dazu zu bewegen sein, ihm zuzustimme­n. Der ungarische Außenminis­ter Péter Szijjártó hat erst am Sonntag heftige Kritik an Bundeskanz­ler Werner Faymann geübt: Dieser erkenne hinsichtli­ch der Migration „keinen Unterschie­d zwischen Solidaritä­t und Dummheit“, sagte der Minister. Laut Szijjártó sei es Solidaritä­t, notleidend­en Menschen dabei zu helfen, nahe ihrer Heimat unter menschenwü­rdigen Bedingunge­n zu leben. Dummheit sei es, wenn „jemand Hunderttau­sende, Millionen unkontroll­iert nach Europa holen will“. Doch davon ist die österreich­ische Regierung weit entfernt. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er sprach sich am Montag im ORF-„Morgenjour­nal“für eine „kapazitäts­orientiert­e Obergrenze“aus. Auch Bundeskanz­ler Werner Faymann, der lange eine Politik der offenen Tür verfochten hat, plädiert seit geraumer Zeit für eine Eindämmung des Zustroms.

Der FPÖ ist dies nicht genug: Generalsek­retär Herbert Kickl sagte am Montag, dass Österreich seine Grenzen für Migranten schon längst hätte schließen müssen.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Traditiona­ls . . .
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BILD: SN/APA/ERWIN SCHERIAU Trotz winterlich­en Wetters strömen immer noch Tausende Menschen täglich in die EU.

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