Die Packerl unterm Christbaum
Endlich steht die Steuerreform vor der Tür. Der Glaube daran hat sich in den vergangenen Monaten verflüchtigt. Was kommt da jetzt wirklich?
WIEN. Neigt sich ein Jahr seinem Ende zu, steht meist der nächste Griff in die Geldtaschen der Österreicher bevor. Diesmal ist das anders. Zwar wird 2016 vieles teurer, es liegt aber auch ein Packerl unterm Weihnachtsbaum: die Steuerreform. All jene, die ihre Gehälter im Vorhinein bekommen – also den Jännerbezug schon im Dezember –, werden heuer noch wissen, wie viel mehr Netto vom Brutto tatsächlich bleibt.
Alle anderen müssen sich gedulden. Oder einen Blick auf die Steuerreform-Rechner im Internet werfen, etwa jenen des Finanzministeriums (zu finden auf unter den Berechnungsprogrammen) oder jenen der AK (HTTPS:// MEHRNETTO.ARBEITERKAMMER.AT). Auf dem Konto eines Durchschnittsverdieners – laut Statistik Austria lag der Median der Bruttojahreseinkommen der Unselbstständigen 2014 bei rund 26.270 Euro – sollten jedenfalls rund 70 Euro netto mehr pro Monat landen.
Das Gefeilsche und der Beschluss der Steuerreform liegen schon so viele Monate zurück, dass viele gar nicht mehr an die nun endlich bevorstehende Entlastung glauben. Eine Umfrage, die das Linzer Market-Institut kürzlich für den „trend“machte, ergab: Nur jeder Fünfte rechnet fix mit mehr Netto, während zwei von drei Befragten massiv an den Versprechen der Steuerreform zweifeln. Bedenken sind durchaus angebracht: Schließlich steht die Gegenfinanzierung der Steuerreform auf äußerst wackeligen Beinen.
Einige Milliarden Euro wird die Steuerreform kosten. Fast alle Lohn- bzw. Einkommensteuertarifklassen sinken, am deutlichsten die niedrigste. Der Eingangssteuersatz wird von 36,5 auf 25 Prozent gesenkt. Das gilt für Einkommen beziehungsweise Einkommensteile zwischen 11.000 und 18.000 Euro (im Jahr). Von Gehaltsteilen zwischen 18.000 und 31.000 Euro sind 35 Prozent abzuliefern, von darüber liegenden Beträgen 42 Prozent (bis zur Grenze von 60.000 Euro), danach 48 Prozent (bis 90.000 Euro) und schließlich 50 Prozent (bis zur Millionengrenze). Für Einkommen jenseits der Million wird ein neuer (angeblich bis 2020 befristeter) Spitzensteuersatz von 55 Prozent fällig. Die Zahl derartiger Großverdiener hält sich in engsten Grenzen.
Am anderen Ende der Skala finden sich umso mehr Menschen: Mehr als 2,5 Millionen bezahlen zwar Sozialversicherungsbeiträge, aber keine Lohn- oder Einkommensteuern, weil ihre Einkommen unter der Steuerfreigrenze liegen. Damit auch sie mehr Geld zur Verfügung haben, wird die Negativsteuer deutlich erhöht – von bisher maximal 110 Euro auf bis zu 400 Euro (im Jahr). In dieser Dimension gilt das ausschließlich für Erwerbstätige.
Erstmals steht es aber auch Beziehern von Pensionen unter der Steuerfreigrenze offen, die Auszahlung von Negativsteuer zu beantragen. Sie bekommen maximal 110 Euro für 2016, allerdings können sie schon für das laufende Jahr Negativsteuer geltend machen (maximal 55 Euro). Leer gehen just die Mindestpensionisten aus – genauer: die rund 230.000 Ausgleichszulagenbezieher. Begründung: Auf dem Weg dieser jährlich steigenden Zulage bekämen sie ja schon laufend Steuergutschriften; käme nun zusätzlich eine Negativsteuer hinzu, müsste die Ausgleichszulage im selben Ausmaß gekürzt werden.
Ein kleines Packerl gibt es extra für Familien: 2016 wird der Kinderfreibetrag von 220 auf 400 Euro (im Jahr) erhöht, die Familienbeihilfe steigt um 1,9 Prozent. Und dann ist da noch ein winziges Packerl für Pflegegeldbezieher: Erstmals seit 2009 wird das Pflegegeld angehoben – um überschaubare zwei Prozent, was, je nach Stufe, um 3,10 bis 33,10 Euro monatlich mehr sind. Das haben sich die Pflegebedürftigen freilich hart verdient: Zur Finanzierung wurde der Zugang zum Pflegegeld heuer massiv erschwert.
Und was wird 2016 im Zuge der Steuerreform alles teurer? Zum Beispiel die Sozialversicherung für Gutverdiener (die Höchstbeitragsgrundlage steigt um satte 210 Euro auf 4860 Euro monatlich), ferner das Erben und Schenken von Immobilien, entweder durch höhere Immobilienertrags- oder Grunderwerbsteuern. Durch eine Mehrwertsteuererhöhung von zehn auf 13 Prozent werden u. a. Tierfutter, Pflanzen, Urlaub in Österreich und Eintrittskarten (etwa ins Museum oder ins Theater) teurer. Die Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden steigt von 25 auf 27,5 Prozent.