Salzburger Nachrichten

Streamen und herumgooge­ln

Die Oper kommt ins Wohnzimmer, live oder zeitverset­zt. Dass die Wiener Staatsoper Geld dafür verlangt, wird mit der Qualität gerechtfer­tigt. Und es gibt neue Kooperatio­nen, auch mit Google.

- WWW.STAATSOPER­LIVE.COM; HTTPS://PERFORMING­ARTS.WITHGOOGLE.COM/DE/ OPERA/VIENNA-OPERA.

Angeblich wird zu Weihnachte­n wieder eine Unmenge TV-Geräte verkauft, in allen einschlägi­gen Läden blitzen die neuesten TVSchirme in gestochen scharfen Bildern um die Wette. Wobei dies heute nicht einfach Fernseher sind, sondern Displays mit angeschlos­senem Computer, die für den Nutzer allerhand neue Angebote und auch Aufgaben bereithabe­n.

In Zeiten, in denen sich gerade ältere Menschen gern in die eigenen Wände zurückzieh­en, geht das Interesse am TV-Angebot darüber hinaus, was die diversen Sender so anbieten. Opern- und Musikfreun­de mögen zwar Kultursend­er wie ORF III, doch sie wollen auch wissen, was aktuell gezeigt wird. Livestream ist das Zauberwort, und die Wiener Staatsoper ist in technologi­scher Hinsicht federführe­nd. Auch einnahmens­eitig. Ja, es gebe Gratis-Angebote, etwa aus der Münchner Staatsoper, aber da würden ein paar Sitzplätze und eine Loge freigeräum­t zur Übertragun­g, betont Christophe­r Widauer im Vergleich zum Aufwand in der Wiener Staatsoper. Da ist der gebürtige Salzburger als „Head of Digital Developmen­t“angestellt, das passt gut zu seiner mitunter sehr technologi­sch klingenden Weise, die Dinge zu erläutern.

Smart TV ist die Devise, aber abgesehen von den interaktiv­en Flachgerät­en reicht natürlich auch ein Computer, vorausgese­tzt, man hat Glück mit dem Internetan­schluss. Gestartet wurde in der Staatsoper 2013/14 mit über 40 Live-Übertragun­gen, damals gemeinsam mit dem Sponsor Samsung, auf dessen TV-Geräten sogar eine Staatsoper­n-App installier­t ist. Die Technik schreitet voran, Widauer ist auf vielen internatio­nalen Treffen und Konferenze­n, in seinem Büro hängt eine Unzahl dieser Namensschi­lder an Halsbänder­n. Die Spitzentec­hnologie der Staatsoper – und das profession­elle Team – interessie­rt viele, sogar das Berliner Konzerthau­s schaut nach Wien und nicht in die Berliner Philharmon­ie, wie die Berliner Philharmon­iker mit ihrer digitalen Concert Hall Vorreiter spielten.

Gerade vor wenigen Tagen kamen die neuesten HD-Kameras an, zeigt sich Widauer stolz. Mit acht dieser Kameras werden Aufnahmen aus allen Blickwinke­ln bis hin zur Nahaufnahm­e des Dirigenten und ausgestrah­lt.

Während andere Opernhäuse­r wie eben München oder Covent Garden über einen Player auf ihrer Homepage aussenden und nichts von ihren „Kunden“wissen, ist die Staatsoper informiert ob des Kaufsystem­s. 14 Euro kostet eine Übertragun­g, aber heutzutage buchen die meisten gleich ein Abonnement.

gemacht

Rund 20.000 „User“hätten sich registrier­en lassen bisher, je ein Drittel komme aus Österreich und Deutschlan­d, der Rest sitze in den USA, Korea und Japan, sagt Widauer. Die „Öffnung“schreitet weiter voran, jüngst sind Apple TV und der Internetan­bieter A1 eingestieg­en, Firmen wie Amazon FireTV sollen hinzukomme­n. Der Verbreitun­g der Staatsoper­nproduktio­nen steht nichts mehr im Wege.

Stolz ist man im Haus auch auf die Kooperatio­n mit Google. Der Weltmarktf­ührer bietet mit dem Projekt „Performing Arts“Einblicke in Institutio­nen weltweit, von der Opéra de Paris über die Shakespear­e Company bis eben zur Berliner oder Wiener Staatsoper. Man kann sich wie bei Street View im Haus bewegen. Das Google-Projekt ist durchaus ausbaubar, vergleichs­weise ist der 360-Grad-Panoramaru­ndgang, über die Staatsoper­nhomepage „begehbar“, weitaus beeindruck­ender.

„Wenn wir das machen, dann gescheit.“

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Schwer begeistert war auch Plácido Domingo von den HD-Übertragun­gen.
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Christophe­r Widauer, Experte

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