Seine Reformen lassen keine verbrannte Erde zurück
Papst Franziskus weiß, wo er hinwill. Aber er lässt die Langsamen nicht allein zurück.
Das Jahr 2015 wird als jenes in die Kirchengeschichte eingehen, in dem ganz klar wurde, wohin Papst Franziskus die Kirche steuern will. Der erste Papst aus Lateinamerika, den die Kardinäle nach seinen eigenen Worten „fast vom Ende der Welt“nach Rom geholt haben, will die Kirche in neue Bahnen bringen – auch gegen viele Widerstände.
Bemerkenswert ist dabei, wie er mit diesen Widerständen umgeht. So wurde bei der Bischofssynode über Ehe und Familie in Rom nichts vom Zaun gebrochen. Vielmehr geht dieser Prozess bereits in seine vierte Phase.
Am Anfang stand die erste weltweite Online-Umfrage, die ein römischer Pontifex hat durchführen lassen. Damit wurde der Boden für Reformen aufbereitet. Die zweite Phase war die Vor-Synode im Oktober 2014, bei der es in der Schlussabstimmung gekracht hat.
Franziskus zog daraus seine Lehren und hat bei der eigentlichen Synode – der Phase drei im Oktober 2015 – erst gar kein Schlussdokument abstimmen lassen. Konservative wie fortschrittliche Bischöfe konnten mit dem Gefühl nach Hause fahren, dass sie ihre Meinung mit Nachdruck zu Protokoll gegeben haben.
Franziskus behielt sich wie angekündigt das letzte Wort vor. Jetzt warten alle gespannt darauf, welche Schlüsse der Papst selbst in seinem Schreiben – das ist dann Phase vier der Synode – aus den Debatten ziehen wird.
Die Richtung ist durch das „Jahr der Barmherzigkeit“vorgegeben. Franziskus wird die Kirchentore für wiederverheiratete Geschiedene entsprechend öffnen. Aber er wird dabei keine verbrannte Erde zurücklassen, sondern Reformen in einer Art und Weise anstoßen, die auch konservative Bremser nicht demütigt.
Ein probates Mittel dazu hat der Papst schon mehrfach angewendet: Er gibt den Bischöfen und Bischofskonferenzen mehr Entscheidungsvollmacht und zieht sie voll in die Verantwortung mit ein.