Salzburger Nachrichten

„Es ist ein 24-Stunden-Job“

In der Weihnachts­zeit dreht sich alles um die Familie. Eine Geburt und die ersten Lebensmona­te bereiten den Eltern aber nicht nur Glück, sondern oft auch enormen Stress.

- Katharina Fitzka arbeitet als Psychother­apeutin in Salzburg und begleitet Eltern und Familien zu Themen rund um die Geburt.

Die Monate vor und nach der Geburt eines Kindes sind für viele Eltern ein emotionale­r Ausnahmezu­stand – mit Sorgen, Ängsten und Verunsiche­rung. Eine neue Seminarrei­he im Bildungsze­ntrum St. Virgil („Wir bekommen ein Baby“) zielt darauf ab, die künftigen Mütter und Väter auf die Veränderun­gen im Alltag und in der Beziehung vorzuberei­ten. Eine der Referenten/ -innen ist die Salzburger Psychother­apeutin Katharina Fitzka. SN: Wozu brauchen werdende Eltern einen Vorbereitu­ngskurs? Fitzka: Der Sinn ist, dass man Paare gut auf die Schwangers­chaft und auf das Elternsein vorbereite­t – und sie im Elternwerd­en ein Stück weit begleitet. Ein Baby ist ja nicht nur ein Glück, es kann auch eine Herausford­erung sein. SN: Inwiefern? Durch den Wegfall der Großfamili­en ist für viele Paare das eigene Kind das erste Baby, das sie kennenlern­en. Schon während der Schwangers­chaft verändert sich sehr viel in der Frau – auch seelisch: Sie stellt sich darauf ein, wie sie Mutter sein möchte. Sie setzt sich mit ihrer eigenen Mutter auseinande­r: Was möchte sie gleich machen, was anders? Sie ist mit ihrer Aufmerksam­keit, so es der Beruf zulässt, viel beim Baby. Dadurch verändert sich die Paarbezieh­ung schon in der Schwangers­chaft, weil es eigentlich nicht mehr zwei sind, sondern ein inneres Dreieck beginnt. SN: Und das kann Probleme verursache­n? Ja, es kann dadurch zu Kränkungen kommen und nicht selten verändert sich auch schon in der Schwangers­chaft die sexuelle Lust der Frau. Das kann für beide schwierig sein – häufiger für die Männer, weil die Frau ja eine neue Innenbezie­hung zum Baby hat.

Außerdem sind Paare heute schon in der Schwangers­chaft mit der Frage konfrontie­rt, wie sie es wirtschaft­lich gestalten wollen. Wer geht wann in Karenz? Darüber müssen sich die Paare Gedanken machen – das ist auf jeden Fall eine Herausford­erung. Der wirtschaft­liche Druck ist sehr groß. Es stellt sich die Frage: Wie erhalten wir unsere Familie? Vor der Geburt können auch die Untersuchu­ngen manchmal Stress und Ängste auslösen – da gibt es die Unsicherhe­it, ob sich das Baby gesund entwickelt. SN: Rund um die Geburt sind die Emotionen dann am größten – was ist da zu beachten? In der Zeit um die Geburt herrscht eine schöpferis­che Zerbrechli­chkeit, eine Dünnhäutig­keit. Man achtet auf nonverbale Signale viel mehr als auf verbale. Wenn der Arzt sagt: „Na, jetzt schauen wir einmal, ob das gut vorangeht“, kann das schon große Alarmberei­tschaft auslösen. SN: Was kommt im ersten Lebensjahr der Kinder auf die Eltern zu? Die größte Herausford­erung ist, dass das ein 24-Stunden-Job ist, dass man immer für das Baby da ist und man vielleicht große körperlich­e Erschöpfun­g durch Schlafmang­el hat. SN: Und darauf kann man sich vorbereite­n? Wir besprechen im Seminar diese Themen, und auch, was einem guttut, wo man auftanken kann, welche Möglichkei­ten es gibt, mit Stress und Unsicherhe­iten umzugehen. Wer selbst nicht gut bei sich ist, kann auch das Baby nicht beruhigen – das könnte unter Umständen zu langem Schreien führen.

„Platz für den Mann in seiner Vaterrolle.“

SN: Gibt es Fehler, die man in diesem Lebensabsc­hnitt unbedingt vermeiden sollte? Ja. Wenn eine Frau zum Beispiel am Abend dem Mann erzählt, dass das Baby den ganzen Tag so anstrengen­d war, und der Mann nur sagt: „Gib ihm doch den Schnuller“– dann ist das sicher kontraprod­uktiv. Hilfreiche­r wäre es, wenn der Mann sich erzählen ließe, was genau los war – wenn er mitfühlend da sein könnte. Frauen wiederum kommen sehr oft in eine „Ich bin für alles zuständig“-Haltung. Wichtig wäre aber, dass auch der Mann in seiner Vaterrolle einen Platz hat.

Zur Person:

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BILD: SN/FOTOLIA Was auf die Eltern im ersten Jahr nach der Geburt eines Babys zukommt, ist vielen zu wenig bewusst.
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Katharina Fitzka, Psychother­apeutin

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