Mikl-Leitner reitet Attacken
Österreichs Innenministerin droht Griechenland erneut. Die EU-Kommission verweist lieber auf die geltende Rechtslage.
Griechenland gerät in der Flüchtlingskrise unter Druck. Die Regierung in Athen müsse „ihre Hausaufgaben“machen und Griechenlands Grenze besser sichern, forderte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen am Montag in Amsterdam. Es sei ein „dauerhafter, spürbarer, nachhaltiger Rückgang der Flüchtlingszahlen“schon in den nächsten Wochen nötig. „Die Zeit läuft uns davon.“
Griechenland ist für viele Flüchtlinge das Eintrittstor nach Europa. Hunderttausende sind in den vergangenen Monaten von der Türkei aus nach Griechenland übergesetzt und auf der sogenannten Balkanroute weitergereist, vor allem nach Deutschland. Am Wochenende stockte der Transit allerdings. In Kroatien und Slowenien, den beiden zentralen Ländern auf der Balkanroute für Flüchtlinge, ist am Montag bis Mittag nicht ein einziger Reisender registriert worden. Während am Samstag in Kroatien noch rund 1400 Migranten angekommen waren, traf von Sonntag bis Montagvormittag niemand mehr ein, wie das Innenministerium mitteilte.
Griechenlands Migrationsminister Ioannis Mouzalas verwahrte sich gegen die Schuldzuweisungen einiger seiner Kollegen und Kolle- ginnen. Wortführerin ist Österreichs Johanna Mikl-Leitner. Mouzalas: „Wir sind es müde zu hören, dass wir unsere Grenzen nicht sichern können.“Die Seegrenze zur Türkei könne nicht abgedichtet werden. „Was wollen Sie, dass wir tun?“, fragte er. „Nach internationalem Recht, nach dem Seerecht, nach der Genfer Konvention, nach europäischem Recht und nach griechischem Recht ist die einzige Handlungsoption, diese Leute zu retten.“
Zudem erhalte sein Land nicht genug Unterstützung aus Europa, sagte Mouzalas. „Griechenland ist nicht die Tür, sondern der erste Teil des Korridors nach Europa.“Mikl- Leitner erklärte es für einen „Mythos“, dass die Grenze nicht zu sichern sei. „Die Marine in Griechenland hätte ausreichend Kapazitäten, diese Grenze zu schützen.“Sie plädierte für harsche Konsequenzen: „Wenn es nicht gelingt, die europäischen Außengrenzen – sprich die türkisch-griechische Grenze – zu sichern, dann wird sich die Schengen-Außengrenze Richtung Mitteleuropa bewegen.“Das allerdings hängt nicht von Mikl-Leitner ab. In den 26 Ländern des Schengenraums können sich Reisende normalerweise weitgehend ungehindert bewegen. Deutschland und fünf andere Länder kontrollieren derzeit ihre Grenzen aber wieder.
Nach Angaben der EU-Kommission ist der Ausschluss eines Landes aus der Schengenzone oder die Aussetzung ihrer Regeln gar nicht möglich. „Beides sind Möglichkeiten, die es nach den aktuellen Regeln nicht gibt“, erklärte eine Sprecherin in Brüssel.
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos unterstrich in Amsterdam: „Nichts dergleichen ist vorgeschlagen oder diskutiert worden.“Vielmehr komme es darauf an, Länder an den Außengrenzen der EU besser zu unterstützen. Ein Vorschlag der EU-Kommission, wonach die europäische Grenzschutzagentur Frontex zur Not auch gegen den Willen eines Landes dort aktiv werden könnte, sollte bei dem Ministertreffen ebenfalls besprochen werden.
De Maizière erinnerte daran, dass spätestens im Mai eine Entscheidung über eine Verlängerung der Grenzkontrollen ansteht. Dazu muss gegebenenfalls festgestellt werden, dass es „dauerhafte“Defizite beim Schutz der EU-Außengrenze gibt. „Dazu würde dann auch eine kritische Betrachtung der Rolle Griechenlands gehören“, sagte de Maizière. „Aber ehrlich gesagt: Ich möchte mit all diesen Fragen bis Mai nicht warten.“