Warum sich die Männer gar so über Angela mokieren
Die deutsche Kanzlerin hat sich durch ihre spontane Willkommenspolitik in arge Bedrängnis gebracht. Was heißt das für die C-Parteien?
Keine Frage, Angela Merkel geht durch die schwerste Krise ihrer Amtszeit. Im Vergleich dazu war Griechenland ein Lercherl. Die sogenannten „Rettungspakete für die Griechen“haben zwar unendlich viel mehr Geld gekostet, als die Aufnahme und Integration der Flüchtlinge jemals kosten kann. Aber hinter vorgehaltener Hand waren alle zufrieden damit, dass mit viel – auch deutschem – Geld deutsche Banken gerettet wurden. Diese hatten Griechenland noch immer Kredite gewährt, als das Land schon hoffnungslos überschuldet war – frei nach dem Motto: Irgendwer wird schon zahlen.
Die aktuelle „Rettungspolitik“der Bundeskanzlerin passt nicht in dieses neoliberale Bild, wonach Geld am besten immer dorthin fließen soll, wo es schon viel davon gibt. Nein, jetzt kann sich der deutsche Mann gar nicht genug darüber mokieren, wie naiv diese Frau, die Ostdeutsche, die Pastorentochter, in die politische Sackgasse gelaufen sei. „Typisch Frau“, würde das deutsche Feuilleton am liebsten schreiben, wenn es politisch nicht gar so unkorrekt wäre.
Zwei Faktoren stoßen der noch weithin von Männern geprägten Politik- und Medienszene in Deutsch- land besonders auf. Da ist zum einen, dass die Bundeskanzlerin, die man schon so perfekt in die Kästchen „ewig zaudernd“und „menschlich kalt“eingeordnet hatte, plötzlich Emotion zeigte und spontan versuchte, die verzweifelte Lage der Flüchtlinge in Ungarn zu entschärfen.
Zum Zweiten hat da plötzlich ein Mitglied der CDU den Namen der Partei ernst genommen und in christlicher Nächstenliebe gehandelt. Das war in einer Bundestagsfraktion, in der die bayerische CSU die Definitionsmacht über das „C“meint gepachtet zu haben, ganz und gar nicht vorgesehen.
Eine menschliche Politik und eine christliche Motivation noch dazu – das war zu viel auf einmal, ein politischer Fehler zum Quadrat sozusagen. Da wollen wir doch lieber die großen europäischen Werte beschwören – und, ach ja, das christliche Abendland. Da weiß man wenigstens, was man hat. Und muss sich nicht ständig den Kopf darüber zerbrechen, was sie denn will, diese unberechenbare Christenfrau im wohlgeordneten Land der deutschen Männer.