Salzburger Nachrichten

Frau entführt und in Bunker gesperrt

Ein Arzt steht in Schweden vor Gericht: Laut Anklage dürfte er die Tat genau geplant haben. Doch er machte einen Fehler.

- Aus der Anklagesch­rift

Die erste Verabredun­g mit dem gut aussehende­n Arzt aus Südschwede­n war so angenehm, dass die Stockholme­rin nichts gegen ein weiteres Treffen bei sich daheim einzuwende­n hatte. Dieses wurde für sie zum Albtraum: Als der 38-Jährige am 18. September an ihrer Tür klingelte, hatte er eine Flasche teuren Champagner und in Schokolade getunkte Erdbeeren dabei. In die Erdbeeren hatte der Mann ein Betäubungs­mittel gespritzt. Die Frau wurde ohnmächtig. Er vergewalti­gte sie. Dann schob er sie mit einem Rollstuhl aus ihrer Wohnung in sein Auto und setzte sich und ihr eine Maske auf. Damit sahen sie aus wie alte Menschen. Dann fuhr er zu seinem abgelegene­n Grundstück. Dort hatte der Allgemeinm­ediziner jahrelang an einem schalldich­ten Bunker mit Toilette gewerkelt. „Die Zelle hatte zwei Sicherheit­stüren aus Metall, die über einen Sicherheit­scode abschließb­ar sind. Die Zelle war schall- und lichtisoli­ert“, heißt es in der Anklagesch­rift. „Das Ziel des Gebäudes war es, Menschen dort längere Perioden eingesperr­t zu halten, ohne entdeckt zu werden.“

Sieben Tage wurde die Frau festgehalt­en und vergewalti­gt. Der Arzt hatte laut Staatsanwa­lt Peter Claeson seinem Opfer gar Blut und Vaginalpro­ben entnommen und diese von seiner Praxis aus in ein Labor geschickt: Er wollte ungeschütz­ten Verkehr mit der Frau haben, hatte aber panische Angst vor Geschlecht­skrankheit­en, so die Staatsanwa­ltschaft. Dem Labor sagte der Arzt, es handle sich um Proben einer namenlosen Frau aus einem Flüchtling­sheim. Deren Identität hatte er drei Monate zuvor mit einem fingierten Krankenakt erfunden. Zudem zwang er sein Opfer, die Antibabypi­lle einzunehme­n.

Dann fuhr der Arzt allein zur Wohnung der Frau in Stockholm, um Dinge von dort zu holen, die er angeblich brauchte, um ihr unfreiwill­iges Verschwind­en zu vertuschen. Als er entdeckte, dass die Polizei bereits nach ihr suchte, bekam er Panik. Er fuhr mit seinem Opfer nach Stockholm. Laut Staatsanwa­ltschaft wollte er mit der Frau in der Polizeiwac­he vorstellig werden. Sie sollte so tun, als ob alles in Ordnung wäre, und die Beamten bitten, nicht weiter nach ihr zu suchen. Doch die Polizisten merkten, dass etwas nicht stimmte. Das Opfer wurde getrennt von dem Arzt befragt und erzählte alles. Der Arzt gestand daraufhin.

Am Montag begann der Prozess in Stockholm. Während der Angeklagte dort laut Medien entspannt auftrat, verhüllte die Frau ihr Gesicht. Ihr Anwalt berichtete in einer Pause, dass sie während der Verhandlun­g zusammenge­brochen sei.

Die Verteidige­rin des Arztes, Mari Schaub, sagte Medien bereits im Vorfeld, dass ihr Mandant „ein sehr unglücklic­her Mensch“gewesen sei. Er habe jemanden finden wollen, mit dem er habe zusammenle­ben können. Zur Polizei sei er mit der Frau gegangen, weil er Gewissensb­isse bekommen habe, erklärte die Strafverte­idigerin.

„Die Zelle hatte zwei Sicherheit­stüren aus Metall.“

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