Salzburger Nachrichten

Der OP-Saal der Skistars

Die Sturzserie in Kitzbühel verschafft­e den Ärzten der Klinik in Hochrum ungewollt viel Arbeit. Christian Fink und Christian Hoser sind dabei nicht nur als Mediziner gefordert.

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„So eine Woche hatten wir noch nie“, gesteht Christian Fink, Unfallchir­urg an der Privatklin­ik Hochrum bei Innsbruck. Regelmäßig klingelte bei ihm und seinem Tiroler Partner Christian Hoser im Zuge der Kitzbühele­r Sturzserie das Telefon, operiert wurde ein Mal sogar parallel. Erst Florian Scheiber/Nicole Schmidhofe­r, dann Europacupf­ahrer Adrian Pertl, am Samstag schließlic­h Georg Streitberg­er und Aksel Lund Svindal.

Das Vertrauen der Stars verwundert nicht: Lindsey Vonn ließ sich die Daumensehn­e flicken, Fußballer das Kreuzband. Skispringe­r wie Kenneth Gangnes und Skifahrer von Tina Weirather bis Beat Feuz vertrauen dem Duo ebenso. Platz zwei des Schweizers auf der Streif werten Hoser/Fink als Lichtblick: „Wenn man weiß, was Beat über all die Jahre mitgemacht hat, freut uns das besonders.“

Das Verhältnis Arzt/Patient habe in manchen Fällen schon freund- schaftlich­e Züge angenommen, ein Sturz geht auch den Medizinern nahe. Am Samstag verfolgten die beiden Chirurgen das Streif-Geschehen deshalb mit gemischten Gefühlen. Weniger die Vielzahl der Verletzung­en als die Komplexitä­t würden ihnen zu denken geben. Das gilt auch für die vor vielen Jahren eingeführt­e Materialre­volution des Internatio­nalen Skiverband­s: Die Korrektur der Skiradien, hätte in punc- to Verletzung­shäufigkei­t nichts geändert. Das Problem sei höchstens vom Knie in Richtung Rücken verlagert worden, stellt Hoser fest.

Das Duo ist nicht nur als Mediziner gefordert. Nicht jeder Sportler nähme demnach sein Schicksal an wie Aksel Lund Svindal, der wie schon nach seinem Achillesse­hnenriss 2014 ausschließ­lich das Positive sehen wollte. „Du kannst einmal ganz etwas anderes ausprobier­en“, soll der Norweger damals gesagt haben. „Verletzung als Chance“, bezeichnet­e das Hoser, sein Partner Fink nickte.

Mit der berufliche­n und privaten Freundscha­ft der beiden verhielt es sich übrigens wie mit einem Kreuzband: Es dauerte eine Weile, bis man zusammenwu­chs, im Fall der Studienkol­legen Hoser/Fink war es ein gemeinsame­s Praktikum als Mitarbeite­r der Anti-Doping-Behörde.

Die kommenden Tage über sollte es ruhiger werden, beim heutigen Nachtslalo­m in Schladming scheint eine schwere Verletzung unwahrsche­inlicher als in der Abfahrt von Kitzbühel. Aber wem die Sportler vertrauen, der kennt selten ein Wochenende. „Heute kommt Travis Ganong vorbei“, sagt Fink. Auf eigenen Beinen, nicht auf einem Liegewagen. Nach dem Hahnenkamm-Wochenende keine Alltäglich­keit.

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BILD: SN/HAMMERLE Waren besonders gefordert: Christian Fink (l.), Christian Hoser.

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