Jugendliche beleben eine alte Villa
Seit Kurzem leben Flüchtlingsburschen in St. Gilgen. Bald sollen Mädchen folgen. Sie lernen und arbeiten in der ehemaligen Villa der Familie Kestranek.
ST. GILGEN. Gebannt blicken die zehn Jugendlichen zur Tafel und zu Tibor Francsics. Er ist ihr Deutschlehrer, der mit Yasin gerade eine Dialogszene übt: „Wie komme ich bitte von St. Gilgen nach Salzburg?“, wiederholt der 16-Jährige. Im Nebenraum unterrichtet Katja Steininger eine andere Gruppe. Die Burschen werfen sich einen Ball zu – und üben auf Deutsch, wie man sich kurz vorstellt.
Denn neu ist für die 40 Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren neben Land und Sprache auch oft die lateinische Schrift. Sie stammen großteils aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Sie sind erst Anfang Jänner in die alte Villa Kestranek in St. Gilgen eingezogen, die der Verein „Rettet das Kind“betreibt. „Sankt Gilgen ist schön. Aber es ist sehr kalt hier“, sagt Saide (16) aus Afghanistan und zeigt auf den Schnee draußen. Mit Anfang März werden weitere 26 Jugendliche hier einziehen – 20 Burschen und erstmals auch sechs junge Frauen. Markus Manzinger, Geschäftsführer des Vereins „Rettet das Kind“, dem die Villa gehört, stellt klar: „Die Mädchen werden in einem eigenen Haus leben und sollen so einen geschützten Rahmen haben.“Und er betont, dass das Thema Umgang mit Frauen schon vor den Vorfällen in Köln Teil des pädagogischen Konzepts gewesen sei: „Wir werden den Burschen auch erklären, dass es bei uns normal ist, dass Frauen im Bikini baden gehen. Derzeit sind sie damit ein Stück weit überfordert.“
Johannes „Joe“Altmüller, der die Einrichtung leitet, stellt ge- wisse Unterschiede bei den jungen Männern fest: „Unsere syrischen Jugendlichen haben meist einen höheren Bildungsgrad und sind daher fordernder.“„Dafür halten sich die jungen Afghanen strikter an Regeln“, ergänzt „Rettet das Kind“-Präsident Sepp Eisl – „und sie arbeiten sehr gerne.“
Arbeiten – das können die jungen Leute in der Holzwerkstatt am Gelände, die bis Jahresende von jungen Menschen mit Behinderung genutzt wurde, die hier ein Ausbildungszentrum hatten.
An diesem Vormittag ist für Rohullah und seine Kollegen das richtige Umgehen mit Säge, Hobel und Raspel angesagt. „Ich möchte möglichst viel lernen. Ich habe in Afghanistan schon die achte Klasse besucht“, sagt der 17-Jährige. Dass seine Schützlinge ehrgeizig seien, bestätigt auch Dietmar Hubmann, Leiter der Holzwerkstatt: „Ich habe noch nie so motivierte Burschen erlebt. Die haben ein Ziel vor Augen und wissen, dass sie arbeiten müssen, damit sie bleiben können.“
Finanziert wird die Einrichtung aus der Grundversorgung des Landes. Sie hat 24 Mitarbeiter und ihr Betrieb kostet 1,6 Mill. Euro pro Jahr. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind die Tagsätze mit 82 Euro net-
„ Es gibt auch Kontakt mit der International School.“