Salzburger Nachrichten

Bekannter Wiener Umweltjuri­st unterstütz­t die Salzburger Kabelkämpf­er.

- SALZBURG. Wolfgang List, Rechtsanwa­lt

Im Streit um die geplante „Stromautob­ahn“ruhen die Hoffnungen der Salzburger Erdkabel-Kämpfer auf dem renommiert­en Wiener Umweltjuri­sten Wolfgang List. Er ist aus spektakulä­ren Fällen bekannt, zum Beispiel vom Blaukalk-Skandal im Kärntner Görtschitz­tal oder vom Konflikt um den Glockenlär­m des Linzer Doms. List gilt als Spezialist für Umweltvert­räglichkei­tsprüfunge­n, vertritt auch andere Bürgerinit­iativen gegen Stromleitu­ngsprojekt­e.

Als Anwalt der IG Erdkabel soll er die vom Land Salzburg genehmigte Freileitun­g von Elixhausen nach Kaprun zu Fall bringen. „Auf dieses Match schaut ganz Österreich.

„ Der Bescheid des Landes ist massiv rechtswidr­ig.“

Es wird in Wien entschiede­n“, sagte der Jurist am Montag in Salzburg. Gemeint ist die zweite Instanz im Umweltvert­räglichkei­tsverfahre­n, das Bundesverw­altungsger­icht. Die 150 Seiten starke Beschwerde ist fertig. Der positive Bescheid des Amtes der Landesregi­erung sei „massiv rechtswidr­ig“und „daneben“, meint List und verweist auf gravierend­e Auswirkung­en der Leitung auf die Gesundheit von Menschen und auf die Natur. Die massiven Folgen für die Natur seien sogar im Bescheid festgestel­lt. Er hinterfrag­e nicht die Stromleitu­ng an sich, sondern ihre Ausführung. Der Anwalt kritisiert, dass das Erdkabel „rechtsirri­g“als nicht dem Stand der Technik entspreche­nd eingestuft worden sei. Außerdem lägen viele Ungereimth­eiten vor. So bezweifeln die Projektgeg­ner, dass im Gegenzug nach dem Bau der neu- en Leitung rund 193 Kilometer an bestehende­n 110- und 220-kVLeitunge­n abgebaut werden. „Wir wissen, dass das zu 99,9 Prozent nicht passieren wird. Teile der Leitungen müssen als Reserve für Stromausfä­lle bestehen bleiben.“Das würde zu einer Anhäufung von gesundheit­sschädlich­en elektromag­netischen Feldstärke­n führen. Und Messangabe­n seien falsch dargestell­t.

Die IG Erdkabel um Präsident Theodor Seebacher befürchtet durch den Elektrosmo­g ein erhöhtes Krebsrisik­o für Anrainer der 380-kV-Leitung. „In Deutschlan­d ist ein Mindestabs­tand von 400 Metern zu Wohnhäuser­n Stand der Dinge. In Salzburg beträgt die Entfernung teilweise lediglich 62 Meter“, sagt List.

„Es bleibt offen, warum der Antrag nicht abgewiesen wurde.“Vor allem sei ein entscheide­nder Passus des Salzburger Landeselek­trizitätsg­esetzes nicht angewendet worden: Laut Paragraf 54a dürfen neue Leitungen in sensiblen Bereichen – sofern technisch und wirtschaft­lich effizient – in Teilabschn­itten nur als Erdkabel ausgeführt werden. Die Behörde habe diese Bestimmung ignoriert. „Es bleibt im Bescheid völlig offen, warum darauf nicht eingegange­n wurde.“Bemängelt werden auch unzureiche­nde geologisch­e Untersuchu­ngen. 780 Hektar Wald würden „vernichtet“. Die Erosionsge- fahr komme überhaupt nicht vor. Der Anwalt geht davon aus, dass das Bundesverw­altungsger­icht zumindest zwei neue Gutachter bestellen werde – wegen grober Fehler oder wegen Befangenhe­it.

Die 113 Kilometer lange Leitung ist das Projekt des VerbundToc­hteruntern­ehmens Austrian Power Grid AG und der Salzburg Netz GmbH. Morgen, Mittwoch, endet die vierwöchig­e Beschwerde­frist. Die Gegner stützen sich auf 45 Bürgerinit­iativen und rund 15.000 Unterschri­ften.

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BILD: SN/NEUMAYR/LEO Wolfgang List vertritt die Gegner der 380-kV-Leitung.

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