Vertrauen gegen Vertrauen im Staatsschutz
Der Staat will alles von uns wissen. Soll sein. Wir aber würden gern mehr vom Staat wissen.
Der gläserne Bürger soll also noch ein Stück transparenter werden. Wer mit wem telefoniert, wer mit wem zusammenlebt, wer was tut, wer wie denkt – all diese intimen Details lagen schon bisher wie ein offenes Buch vor den Augen des Staates. Das neue Staatsschutzgesetz weitet nun die Befugnisse der Ermittler deutlich aus. Abhörmaßnahmen, die Abfrage von Handydaten, der Einsatz verdeckter Ermittler – alles kein Problem mehr für den Überwachungsstaat. Und wer das Pech hat, beruflich mit verdächtigen Personen in Kontakt zu stehen, etwa Anwälte und Journalisten, kann sich leicht in den Mühlen dieses Überwachungsstaates wiederfinden.
Man wird nicht ernsthaft dagegen argumentieren, wenn die Ermittlungsbehörden sich dem Stand der Technik anpassen. Wir leben in Zeiten eines globalisierten Terrors. Eines Terrors, der sich die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung höchst professionell zu eigen macht und unsere Demokratie bedroht. Wollen wir Staatsschützer, die auf Augenhöhe mit den Gegnern der Demokratie agieren können, müssen wir ihnen auch die Mittel dazu geben. Unserer Gesellschaft bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich ein Stück weit (und weiter als bisher) der staatlichen Kontrolle zu öffnen. Es handelt sich gewissermaßen um einen Vertrauensvorschuss der Bürgerin- nen und Bürger an den Staat. Erteilt in der Hoffnung darauf, dass dieser seine Befugnisse nicht gegen uns missbraucht. Vertrauen gegen Vertrauen.
Nur: Welches Vertrauen bekommen die Bürger eigentlich vom Staat zurück? Seit vielen Jahren kämpft ein großer Teil der Zivilgesellschaft für die Abschaffung des antiquierten Amtsgeheimnisses, das jegliches staatliche oder behördliche Handeln wie eine Tarnkappe vor der Sichtbarwerdung schützt. Vor einiger Zeit legte die Regierung nun den Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz vor. Staatliche Entscheidungen sollen transparent werden, die Bürger sollen nicht mehr im Dunkeln tappen, so lautete vorgeblich das Ziel. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Der Entwurf für das Informationsgesetz ist randvoll mit Ausnahmebestimmungen, die es den Behörden weiterhin ermöglichen, ihre Entscheidungen zu Staatsgeheimnissen hochzustilisieren. Und die auskunftssuchenden Bürger wie bisher dumm sterben zu lassen. Von Informationsfreiheit keine Spur.
Der Staat, der alles von uns wissen will, gibt nichts von sich selbst preis. Es ist höchste Zeit, dieses Ungleichgewicht, das einer Demokratie unwürdig ist, zurechtzurücken.