So will uns der Staat schützen
Die Polizei bekommt notwendige Befugnisse im Kampf gegen potenzielle Terroristen. Kritiker befürchten, dass auch Menschen, die sich nichts zuschulden kommen lassen, überwacht werden.
In dem Punkt bestand zwischen den Parlamentsparteien von Anfang an Einvernehmen: Um im Kampf gegen Terroristen, aktuell vor allem islamistische, eine Chance zu haben, brauchen die österreichischen Staatsschützer bessere gesetzliche Möglichkeiten und mehr Befugnisse. Dem Gesetz, das heute, Mittwoch, im Nationalrat beschlossen wird, dürften aber dennoch nicht alle Parteien zustimmen. Denn im Detail gibt es eine Reihe von Bedenken vonseiten der Opposition, was den Grundrechts- und Datenschutz sowie die Kontrolle der äußerst sensiblen Ermittlungen anbelangt. Rechtsanwaltskammer, Journalisten und Datenschützer schlagen ebenfalls Alarm.
Das Team Stronach will jedenfalls nicht zustimmen, die Neos sind skeptisch. Und die Verhandlungen mit den Grünen und der FPÖ waren am Dienstag noch im Gange. Die Regierung braucht zwar die Zustimmung der Opposition zum Gesetz nicht, allerdings betonen SPÖ und ÖVP stets, dass sie eine breite Mehrheit für diese heikle Materie haben möchten. Zudem haben die beiden großen Oppositionsparteien in seltener Eintracht gedroht, das Gesetz per Drittelklage beim Verfassungsgerichtshof anzufechten und damit möglicherweise noch treten zu verhindern.
Das neue Gesetz wertet das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) massiv auf. Seine Ermittler sollen künftig Bedrohungen und Gefahren im Vorfeld noch früher erkennen und damit verhindern können. Zu den Hauptaufgabe des BVT zählt der Schutz vor terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität und vor Spionage.
Die Ermittler durften bisher im Vorfeld nur dann aktiv werden, wenn sie eine konkrete Gefährdung belegen konnten. Ab 1. Juli, wenn das Gesetz tritt, wird das im Rahmen der „erweiterten Gefahrenforschung“schon bei einem begründeten Verdacht möglich, also wesentlich früher.
Zu diesem Zwecke können all jene, die unter Verdacht stehen, beobachtet werden, möglich ist auch das Erfassen von Handy-Standortdaten, der IP-Verbindungen und von Reisebewegungen, um sogenannte Bewegungsprofile zu erstellen – und das nicht nur von Verdächtigen, sondern auch von Kontaktpersonen, also all jenen Menschen, die mit ihnen in Verbindung stehen (abgesehen von Zufallskontakten). Wer etwa beruflich in der
vor
Inkraft- Szene recherchiert oder zu tun hat (Journalisten, Rechtsanwälte, Ärzte) kann relativ leicht ebenfalls ins Fadenkreuz der Ermittler gelangen.
Genehmigt werden solche Vorfeldermittlungen aber nicht von einem Richter, sondern vom Rechtsschutzbeauftragten des Innenministerium, der zwar offiziell unabhängig, aber örtlich an das Ressort gebunden und auch nur fünf Jahre bestellt ist.
Auch das empört die Oppositionsparteien: Sie fordern die Kontrolle durch einen Richter. In dem Punkt wurde in der Gesetzesvorlage allerdings schon einmal nachgeschärft: Nicht ein einzelner Rechtsschutzbeauftragter, sondern ein Dreiersenat soll künftig die Ermittlungen bewilligen und kontrollieren, wobei ein Senatsmitglied über mindestens zehn Jahre Berufserfahrung als Richter oder Staatsanwalt verfügen muss. Grünen, FPÖ und Neos ist das immer noch zu wenig. In dem Punkt zeichnete sich am Dienstag ein Kompromiss ab, indem etwa festgeschrieben wird, dass immer zwei der drei Senatsmitglieder entscheiden müssen. Wenn Inhalte von Telefongesprächen oder Internet-Kommunikation abgehört werden soll, braucht es aber weiterhin eine richterliche Genehmigung.
Daten können künftig bis zu sechs Jahre lang gespeichert werden, zudem können Vertrauensleute, die selbst in der Rechtsextremisten- oder Islamistenszene sind, gegen Geld Informationen liefern.
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