Neue Minister Alte Aufgaben,
Mehr Geld für Klug, mehr Zores für Stöger und Doskozil. Was die neuen SPÖ-Minister erwartet.
Hans Peter Doskozil kommt mit einem klaren „Kampfauftrag“seiner Partei ins Verteidigungsministerium: Er soll den Kurswechsel der SPÖ in der Migranten-Frage verkörpern und das an ÖVP und FPÖ verlorene Terrain zurückerobern. Dabei ist offensichtlich größte Eile geboten. Unter Bruch aller Konventionen hat Doskozil daher schon vor seiner Angelobung Dutzende Interviews gegeben, in denen er sich als „roter Mikl-Leitner“positionierte. Unter anderem machte sich der Ex-Polizist die FPÖForderung zu eigen, abgelehnte Asylbewerber mit Transportmaschinen des Bundesheeres in ihre Herkunftsländer abzuschieben.
Im Verteidigungsministerium wird Doskozil mit offenen Armen empfangen, schließlich waren die Erfahrungen des Heeres mit seinen beiden Vorgängern Darabos und Klug nicht die besten. Deren umstrittenen Kabinettschef hat Doskozil in die Wüste geschickt und will den wichtigen Posten wieder mit einem Offizier besetzen. Das gilt als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Ressort, in dem die Stimmung äußerst schlecht ist.
Gemessen wird der neue Minister aber letztlich an vier Dingen werden: ob er den ruinösen Sparkurs zulasten der Landesverteidigung stoppen kann, ob er rasch eine Aufstockung des Wehrbudgets durchsetzt, ob er der Miliz wieder Leben einhaucht und ob er den Schwerpunkt des Bundesheeres wieder auf Inlands- statt auf Auslandsaufgaben verlagert.
SPÖ-intern wird interessant zu beobachten sein, wie lange Werner Faymann die Doskozil-Festspiele in den Medien hinnimmt. Vorgänger Gerald Klug ist es auf Dauer nicht gut bekommen, öfter in den Boulevardzeitungen abgebildet zu sein als der Parteichef. Gerald Klug ist mit dem Wechsel ins Infrastrukturministerium zumindest seine brennenden Geldsorgen los. In seinem neuen Amt ist er Herr über fast vier Milliarden Euro, die pro Jahr in die Erhaltung der Schienen-, Straßen- und Telekommunikationsinfrastruktur fließen. Viel Gestaltungsspielraum hat Klug dabei nicht, abgesehen von Reizthemen wie Verkehrssicherheit. Die Ausgaben sind über Jahre in Rahmenplänen festgeschrieben und vom Parlament abgesegnet, darunter die drei großen Bahntunnel-Projekte Koralm, Brenner und Semmering. Es ist nicht zu erwarten, dass Klug am Weiterbau etwas ändern wird, ebenso wenig wie bei großen Straßenprojekten oder dem Breitbandnetz. Sollte er lang genug im Amt bleiben, kann er vielleicht die Fertigstellung der einen oder anderen Baustelle feiern, die seine Vorgänger mit Spaten- oder Anstichen begonnen haben.
Mehr Spuren hinterlassen kann der neue Minister im Bereich Technologie. Dieser ist mit einem Budget von rund 500 Millionen Euro deutlich kleiner als Verkehr und Infrastruktur, enthält aber einen Gutteil der Fördergelder für Grundlagenbis Weltraumforschung. Hier kann der Minister Schwerpunkte setzen. Klugs Vorgänger Alois Stöger hatte sich besonders auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt konzentriert, Testfabriken eröffnet oder in Aussicht gestellt und spezielle Professuren ausgeschrieben. Ein Thema, das Klug bald beschäftigen könnte, ist die Zulassung von selbstfahrenden Autos. Stöger hatte eine Teststrecke geplant. Wo, soll im April entschieden werden. Alois Stöger übernimmt mit dem Sozialministerium ein Ressort, das der Sozialdemokratie zwar besonders am Herzen liegt. Mit zusätzlichen Wohltaten punkten kann er aber nicht. Im Gegenteil. Der Druck aufs Sozialsystem steigt und steigt. Die Arbeitslosigkeit ist hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Zugleich sollen Zehntausende Flüchtlinge fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden. Das kostet.
Bei den – nicht zuletzt auch wegen der Flüchtlinge – stark steigenden Ausgaben für die Mindestsicherung wird Stöger wohl eine Bremse einbauen müssen. Die Verhandlungen, wie die Sozialhilfe unattraktiver gemacht und zur Arbeit animiert werden kann, haben eben erst begonnen. Zündstoff liefern die ÖVP-Forderungen, die Mindestsicherung für Asylberechtigte zu kürzen und generell pro Haushalt bei 1500 Euro monatlich zu deckeln.
Noch viel mehr Zündstoff liefert das Pensionssystem, in das laufend mehr Steuergeld zugeschossen werden muss. Hier stehen heikle Gespräche unmittelbar bevor: Sind weitere Einschnitte notwendig, wie die ÖVP (und die große Mehrheit aller Experten) sagt? Oder ist das Pensionssystem sicher, wie Rudolf Hundstorfer noch unlängst meinte? Zum Schicksalstag für eine weitere Pensionsreform wurde der 29. Februar erkoren. Es könnte auch der Schicksalstag für das Weiterbestehen der Koalition werden.
Harte Verhandlungen stehen im Zuge des neuen Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern an. Alle großen Sozialausgaben hängen daran, u. a. auch die Finanzierung der Pflege. Die Kosten steigen allein schon wegen der Alterung der Gesellschaft. Strukturelle Reformen werden seit Jahren versprochen, fanden bisher aber nicht statt.