Salzburger Nachrichten

Wen ehrt die Ehre eines Ehrendokto­rs?

Der Konflikt um die Ehrendokto­rwürde für den Nobelpreis­träger Konrad Lorenz beweist, dass der Dr. h. c. längst überholt ist.

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Die Wogen gehen hoch, die Universitä­t Salzburg hat ihrem Ehrendokto­r Konrad Lorenz, Dr. med. univ., Dr. phil., Univ.-Prof., Honorarpro­fessor an mehreren Universitä­ten und Nobelpreis­träger für Medizin, diese Würde des Ehrendokto­rats entzogen. Man wirft ihm posthum vor, er habe sich den Titel erschliche­n, indem er dunkle Punkte seiner Vergangenh­eit verschwieg­en habe.

Man darf annehmen, dass der Mann sich nicht selbst um diesen Titel beworben hat, vielmehr dürfte die Uni damals der Versuchung erlegen sein, sich mit einem illustren Namen zu schmücken. Man sollte voraussetz­en können, dass eine Universitä­t als Forschungs­institutio­n sich aktiv über das Leben und Wirken jener Leute informiert, denen sie einen Ehrentitel verpasst. Schließlic­h sind Wissen und Forschen Kernkompet­enzen einer Universitä­t. Dass man da jetzt einen Rückzieher machen muss, ist ziemlich peinlich.

Doch die Kernfrage ist, wer denn von der Verleihung einer Ehrendokto­rwürde profitiert. Der Geehrte? Nun, die Liste der Doctores honoris causa der Salzburger Uni liest sich wie eine Sammlung von Professore­ntiteln und Nobelpreis­en, von Staatsmänn­ern und Kardinälen, von Schriftste­llern und Philosophe­n. Das sind allesamt Leute, die es schlicht und einfach gar nicht nötig haben, einen Dr. h. c. auf die Visitenkar­te zu drucken, weil sie schon mit hart durch wissenscha­ftliche Arbeit erworbenen akademisch­en Titeln ausgestatt­et sind. Der Dr. h. c. ist also für den Geehrten so etwas wie ein Orden, für dessen Erwerb man vielfach auch nicht viel anderes leisten muss, als sich nicht beim Büroschlaf erwischen zu lassen.

Betrachtet man die Weltmeiste­r im Sammeln von Ehrendokto­rtiteln, wird schnell klar, dass es die Verleihend­en und nicht die Geehrten sind, die sich im Licht der Ehrung sonnen. Angela Merkel, die deutsche Bundeskanz­lerin, kommt auf immerhin neun Ehrendokto­rate, Nelson Mandela auf 50 und der Dalai Lama (vermutlich für sein beständig gütiges Lächeln) hat auch schon 48.

Jene Leute, denen keine Uni der Welt einen Doktor vor den Namen setzen würde, versorgen sich halt bei Titelhändl­ern. Denen zahlt man Geld, damit man den Dr. h. c. in Ufologie, Bibelstudi­en oder Engel-Therapie erwirbt. Das teuflische an der Sache: Diese erkauften Ehrentitel darf man sogar auf der Visitenkar­te führen. Nur auf offizielle­n Dokumenten darf dieser Schmuck nicht auftauchen.

Übrigens noch ein Tipp für die Uni Salzburg. Sie hat noch immer den Ehrendokto­r Leopold Sedar Senghor auf ihrer Liste. Der Mann hat den Senegal als Einpartei-Diktatur geführt und Opposition­elle in den Kerker werfen lassen. Auch nicht gerade ehrwürdig, oder?

VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

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Viktor Hermann

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