Salzburger Nachrichten

Wirbel um Pläne für ein riesiges Flüchtling­slager Athen soll bis zu 400.000 Menschen unterbring­en. Migrations­minister Mouzalas reagiert empört.

- SN, n-ost

ATHEN. Griechenla­nd kommt in der Flüchtling­skrise unter immer größeren Druck. Täglich kommen Tausende Menschen von der türkischen Küste über die Ägäis zu den griechisch­en Inseln. Die EU-Partner fordern von Athen eine wirksamere Sicherung der Außengrenz­e, sagen aber bisher nicht, wie das in der Praxis aussehen könnte. Die Griechen fürchten, dass die Flüchtling­e im Land bleiben müssen.

Wie eine politische Bombe schlugen am Dienstag in Athen Berichte ein, dass in der Umgebung der griechisch­en Hauptstadt ein riesiges Lager für bis zu 400.000 Flüchtling­e und Migranten errichtet werden soll. Das habe Belgien beim jüngsten Treffen der EU-Innenminis­ter vorgeschla­gen, sagte der griechisch­e Vizeminist­er für Migrations­und Flüchtling­spolitik, Ioannis Mouzalas, im Fernsehen. Die „Financial Times“berichtete, in der EU gebe es Pläne, Griechenla­nd einen großzügige­n Schuldener­lass anzubieten, wenn das Land die an- kommenden Flüchtling­e aufnehme. Deutschlan­d unterstütz­e diese Überlegung­en, hieß es. Mouzalas sagte dazu, es sei „empörend, Griechenla­nd gegen Bezahlung zu Europas Flüchtling­sgefängnis zu machen“.

Während immer mehr EU-Staaten den Zustrom von Flüchtling­en zu begrenzen versuchen, wächst in Griechenla­nd die Sorge. Seit Jahresbegi­nn sind bereits rund 45.000 Schutzsuch­ende in Griechenla­nd eingetroff­en, trotz Sturm und Kälte. Allein am vergangene­n Freitag kamen 4176 an. Im Frühjahr dürften die Zahlen weiter ansteigen.

Mazedonien lässt seit einigen Wochen nur noch asylberech­tigte Flüchtling­e aus den Bürgerkrie­gsländern Syrien, Irak und Afghanista­n über seine Grenze, nicht hingegen die in immer größerer Zahl über die Türkei nach Griechenla­nd kommenden Migranten aus nordafrika­nischen Ländern wie Marokko, Tunesien und Algerien. An der mazedonisc­hen Grenze kommt es deshalb bereits zu großen Verzögerun­gen. Mehr als 2000 Menschen harrten dort am Dienstag aus – in der Hoffnung, vielleicht doch noch nach Westeuropa zu gelangen. Andere fuhren nach Athen zurück, wo bereits mehrere Tausend Migranten auf Plätzen und in Parks campieren.

Migrations­minister Mouzalas berichtete, Belgien habe bei der Innenminis­terkonfere­nz vorgeschla­gen, die griechisch­e Küstenwach­e solle die Flüchtling­sboote in der Ägäis in türkische Hoheitsgew­ässer zurückdrän­gen. Griechenla­nd lehne das ab, weil ein solches „push back“völkerrech­tswidrig sei, sagte Mouzalas. Er habe den Eindruck, dass immer mehr Staaten „in Panik“gerieten, so Mouzalas. Bereits am Wochenende hatte der griechisch­e Vizeaußenm­inister Nikos Xydakis bekräftigt, Griechenla­nd werde keine Flüchtling­sboote versenken und Menschen ertrinken lassen.

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