Russlands Medien feiern Kampfroboter in Syrien
Die Propaganda blendet die zivilen Opfer der russischen Luftangriffe aus.
„Als Erste griffen die Roboter an“, schreibt das russische Internetportal Maxpark. „Die feindlichen Kämpfer hatten nicht die geringste Chance.“Zwanzig Minuten nach Beginn der Roboterattacke seien die Rebellen in Panik geflohen, hätten Tote und Verwundete im Stich gelassen.
Russische Medien feiern den Beginn eines neues militärischen Zeitalters. „Das Verteidigungsministerium testet in Syrien Terminatoren“, titelt die Zeitung „Nesawissimaja Gazeta“. Die Nachrichtenagentur Sputnik meldet, syrische Truppen hätten Mitte Dezember mit Unterstützung russischer Kampfroboter eine strategische Höhe bei Latakia erobert. Dabei seien sechs fernge- steuerte Apparate des Typs „Plattform-M“sowie vier „Argo“-Kampfmaschinen zum Einsatz gekommen und fast 70 Feinde getötet worden. Auch die israelische Website DEBKAfile berichtet von den russischen Maschinen. Tatsächlich handelt es sich um ferngesteuerte Kleinpanzer, die in Russland bereits bei Manövern beobachtet werden konnten. Die „Plattform-M“ist ein mit vier Granatwerfern und einem Maschinengewehr bewaffnetes Kettenfahrzeug. Der „Argo“fährt auf acht Vollgummireifen, trägt ein MG und fünf Granatwerfer.
Im Dezember hatte Russlands Präsident Wladimir Putin erklärt, es gebe kein besseres Manöver als die Kriegsoperation in Syrien. „Wir können dort ziemlich lang ohne großen Schaden für den Staats- haushalt trainieren.“Auch Militärexperten halten es für wahrscheinlich, dass die Armee in Syrien ihre modernsten Waffen erprobt.
Das britische Rechercheportal Bellingcat wertete die Daten und Fotos der angeblich robotergestützten Kämpfe nördlich von Latakia aus. Laut syrischen Medienberichten ist es dort Truppen des Assad-Regimes gelungen, einen Hügel zu besetzen. Von unbemannten russischen Kleinpanzern ist keine Rede. Bellingcat gelangt zur Ansicht, dass „fast sicher“keine derartigen Geräte im Einsatz waren. „Russische Kriegsroboter in Syrien sind Schwachsinn“, sagt auch der Moskauer Militärexperte Viktor Litowkin. „Es gibt diese Maschinen, aber sie wurden noch gar nicht an die Armee ausgeliefert.“Die siegreichen Kampfroboter geistern vor allem durch russische Medien. Offizielle Dementis fehlen. Offenbar ist es Moskaus Militärführung ganz recht, dass die Geistermaschinen den Ende September gestarteten und bisher wenig triumphalen Einsatz in Syrien etwas dramatischer gestalten. „Die Erfolge sind eher bescheiden“, sagt der Syrien-Experte Orchan Dschemal. „Die Terrormiliz IS veranstaltet sogar Gegenoffensiven, bei den Verhandlungen mit gemäßigteren Oppositionsgruppen zeigt Russland inzwischen deutlich mehr Kompromissbereitschaft.“
Außerdem setzt Russland in Sy- rien keineswegs so viel HightechRüstung ein, wie Berichte glauben machen. Die Zeitschrift „Kommersant“zitiert aus dem Verteidigungsministerium, wonach die Kosten für die Luftangriffe gering seien. Man verwende vor allem Luft-Boden-Raketen des Typs Kh-29L sowie KAB500-Bomben. Diese Geschosstypen haben ein Dienstalter von 39 bzw. 34 Jahren. Laut US-Zeitschrift „The National Interest“setzen die Russen auch aus Spargründen nur zu 20% Präzisionswaffen ein. Das bestätigen die Videos des russischen Verteidigungsministeriums, auf denen immer wieder „Bombenteppiche“explodieren. Laut syrischen Menschenrechtsgruppen kostete Russlands Luftkrieg schon mehr als 1000 syrische Zivilisten das Leben. Ganz ohne Kampfroboter.