Kostbare Momente mit Mozarts Originalen
Seine Geige und seine Bratsche sind ein Duo von feinster Qualität. In Salzburg erklangen sie jetzt erstmals in einem großen Saal.
Es waren die vorerst wohl kostbarsten Momente dieser Mozartwoche, und der Dirigent Marc Minkowski an der Spitze seiner Musiciens du Louvre versäumte nicht, auf den besonderen Umstand ausdrücklich hinzuweisen: Wahrscheinlich erklängen, sagte er am Dienstagvormittag, Mozarts Violine und Mozarts Bratsche in der Sinfonia concertante, KV 364, zum ersten Mal in einem solchen großen Konzertsaal wie dem Großen Saal des Mozarteums.
Und wie sie erklangen, dank der konzentrierten solistischen und zugleich ausgewogen partnerschaftlichen Kunst von Christoph Koncz und Nils Mönkemeyer! Es war eine perfekte, sozusagen familiäre klangliche Abstimmung, weich und doch beherrscht in der Tongebung des hohen, samten grundierend und trotzdem charakterstark im tieferen Instrument. Da konnte man sich kaum satthören an den Farben speziell des langsamen Satzes, den zudem Minkowski und seine formidablen Orchestermusiker langsam und breit ausschwingen ließen. Es war ein filigraner melancholischer Zauber und zugleich eine wundersam serene Entspanntheit in diesen Passagen, die nur überirdisch „schön“zu nennen sind.
Hier zeigte sich auch, was „Harmonie“meint, wenn zwei Solisten derart eingebettet sind in einen gleich gestimmten Gesamtklang, wie ihn die Musiciens du Louvre an diesem Vormittag überhaupt reich verschenkten. Schon Mendelssohns „Hebriden“-Ouvertüre, von Minkowski ebenfalls in sehr breitem Tempo entwickelt, war famos in den Farbabstimmungen, den wunderbar gestuften dynamischen Facetten und einem seidigen Glanz lebendiger „historischer“Instrumente. Und die Reformationssymphonie nach der Pause hat man kaum je so aus einem Geist und Guss gehört wie hier – in jeder sorgsam bedachten und durchgestalteten solistischen Nuance (herrlich die Flöte), in der organischen Ausgewogenheit des Zusammenspiels und der Körperhaftigkeit des Klangs, im Pulsieren der einzelnen Gruppen und der logisch-stringenten Integration ins Gesamtgewebe des Werks.
Vielleicht lernt man bei dieser Mozartwoche ja eigentlich mehr über Mendelssohn aus den vielen Facetten seines Schaffens als über Mozart selbst. Aber auch diesen überlassen die Musiker selten dem gewohnten Gang. Wer also glaubte, am Montagabend „nur“zwei der prachtvollsten Wiener Klavierkonzerte (KV 453, KV 503) in einer „klassischen“Lesart einer längst über alle Zweifel erhabenen Pianistin wie Mitsuko Uchida hören zu können, sah sich angenehm „enttäuscht“.
Die großartige Solistin legte sich auch als Leiterin des Mahler Chamber Orchestra mächtig ins Zeug, kitzelte noch in den unscheinbarsten Phrasen eine beispielgebende Dialogbereitschaft hervor, was insbesondere den vielen konzertanten Abschnitten mit den Bläsern – auch hier auf einsamer Höhe: eine Weltklasse-Soloflötistin – fast opernhaft plastische, ja zuweilen gar drastische Züge gab.
Nicht nur von den kapitalen Abmessungen her war der majestätisch leuchtende und doch nie schwere Eröffnungssatz des C-Dur-Konzerts, KV 503, ein Muster an musikalisch-kompositorischer Zukunftsperspektive. So viel Beethoven hörte man, auch dank der imposanten Klangsprache dieser Wiedergabe, kaum je in Mozart. Auch das also: ein kostbarer und unverlierbarer Moment in dieser überreichen Veranstaltungsreihe.