Die vielen Hürden für die Jungunternehmer
Geld und Gründung sind nicht das große Problem, wenn sich jemand für das Unternehmerdasein entscheidet, sondern das, was dann kommt.
WIEN. Als Martin Trink vor gut einem Jahr mit zwei Partnern Unternehmer wurde, hatte er sich die Sache einfacher vorgestellt. „Jeder Jungunternehmer denkt, die Idee ist entscheidend. Aber sie macht nur zehn Prozent aus. Der Rest ist Umsetzung“, sagt der Mitbegründer des E-Bike-Herstellers Freygeist. Die Idee eines leichten und als solches nicht erkennbaren Elektrofahrrads war gut. So gut, dass das Start-up einen Investor fand und über Crowdfinancing genug Geld für den Produktionsstart auftreiben konnte. Trotzdem wäre das Trio fast gescheitert. Gründer machten viele Fehler, besonders bei Dingen wie Lagerhaltung oder Lieferverträgen, räumt Trink ein. Mittlerweile werden die Räder nahe Frankfurt gefertigt – der Techniker ist vorübergehend dorthin gezogen – und sind zum Saisonstart im Fachhandel und online zu haben.
Nur etwa 4000 der knapp 30.000 Unternehmensgründungen in Österreich waren im Vorjahr so wie Freygeist Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaften. Mehr als 80 Prozent sind Einzelunternehmer. Im Europavergleich gebe es pro 1000 Einwohner nur in Polen weniger GmbH-Gründungen als hierzulande, sagt Monika Köppl-Turyna, Expertin bei der Denkfabrik Agenda Austria. Grund dafür sind ihrer Ansicht nach nicht nur höhere Mindestkapitalanforderungen als etwa in Deutschland, sondern auch bürokratische Hürden wie ein Notari- atsakt. Dass diese Vorgaben nun gelockert würden, wie am Montag angekündigt, sei ein „guter Schritt“.
„Um eine echte Start-up-Kultur zu erzeugen, müsste aber die Risikofreudigkeit von potenziellen Investoren und Business Angels mit steuerlichen Anreizen gefördert werden“, fordert Köppl-Turyna. Das neue Crowdfunding-Gesetz sei dabei sehr willkommen.
Erste Effekte davon sind bereits zu sehen. Bei der Berliner Crowdinvestment-Plattform Companisto, sind Österreicher bereits die zweit- stärkste Investorengruppe hinter den Deutschen, mit steigender Tendenz. Insgesamt holte die Plattform 2015 mit 47.000 registrierten Investoren knapp elf Mill. Euro an Crowdinvestment, 1,5 Mill. Euro davon für Freygeist.
Jungunternehmer Trink findet, dass Geld nicht „das größte Thema ist“und auch die Hürden bei der Gründung – dank der Hilfe der Wirtschaftskammer – irgendwie zu nehmen sind. Der „Wahnsinn“sei allerdings, Angestellte zu beschäftigen, daher werde ausgelagert, was möglich sei. „Ich kann nicht 16 Stunden Brandschutzkurs machen, die Zeit fehlt mir im Unternehmen“, sagt Trink. Hier mache es einem der Staat schwer zu wachsen, „was schade ist“. Gäbe es weniger Regeln, hätte Freygeist heute vier statt zwei Mitarbeiter.
Köppl-Turyna vermisst in Österreich nach wie vor breiten Unternehmergeist. Zwar hielten sich in Umfragen viele für geeignet, „aber nur sehr wenige Menschen sehen sich selbst als Unternehmer“, sagt sie. Hier seien Initiativen in der Bildungspolitik nötig, um Fähigkeiten bereits früh zu erkennen und zu fördern.
„ Als Gründer macht man viele Fehler.“