Ein Wunderkind bekommt übermächtige Konkurrenz
Wunderkinder haben es auch nicht leicht. Irgendwo gibt es immer jemanden, der einem die Schau stehlen könnte. Darunter musste am Donnerstagabend bei der Mozartwoche letztlich sogar das Frühwerk von Felix Mendelssohn Bartholdy leiden.
Noch nicht einmal halbwüchsig war er, als er in den Jahren 1822 bis 1824 seine Serie von zwölf Streichersinfonien schrieb. Und in Werken wie der g-Moll-Sinfonie orientierte sich der junge Komponist noch hörbar lieber an barocken Vorbildern als an den Vorreitern seiner eigenen Zeit. Doch wenn sie mit so viel Leuchtkraft ausgestattet und so konzentriert gespielt werden, wie es die Salzburger Camerata bei ihrem Konzert im großen Saal des Mozarteums vorführte, lässt die Frühreife des angehenden Genies umso mehr staunen. Bei der Mozartwoche aber stach am Ende die spielerische Leichtigkeit eines anderen Wunderkindes die Streichersinfonien Nr. 12 und 8 mit ihrem immer wieder ins Gravitätische ausufernden Grundton aus. Das lag auch an dem Teamgeist, den das Orchester im Zusammenspiel mit seinem Solisten entfaltete.
Fazil Say, die Camerata und Mozart: Die Kombination konnte unterm Strich eigentlich nicht viel An- deres als Jubel ergeben. Und in Mozarts frühen Klavierkonzerten KV 37, KV 39 und KV 40 sah Pianist Fazil Say, selbst ein Virtuose mit Wunderkindvergangenheit, erst recht eine Spielwiese für sein Temperament.
Auch der elfjährige Mozart hat seine ersten Pasticcio-Konzerte im Jahr 1767 geschrieben, indem er auf dem Material anderer Komponisten aufbaute. Als Jugendwerke forderten sie den so- listischen Übermut beinahe heraus: Überschäumend, manchmal auch fast an der Grenze zur satirischen Zuspitzung legte Say seine Soli und selbst komponierten Kadenzen an. Mit ungebremstem Spielwitz sorgte er da in Solopassagen auch immer wieder für lächelnde Mienen in den Orchesterreihen. In Sachen Verve stand die Camerata ihrem Solisten um nichts nach. Bei Mendelssohn zeigte das selbst verwaltete Orchester unterdessen, wie Autonomie klingen kann: Auch dirigentenlos blieb die Klangbalance stets überzeugend.