Heißer Tanz vor der Hofburg
5000 Demonstranten gingen gegen den Wiener Akademikerball auf die Straße.
WIEN. Kein Verkehrsrauschen, nur hie und da das schüchterne Starten eines Motors. Eine Haustür fällt ins Schloss, vereinzelt hallen Schritte. Leere Gassen, finstere Geschäfte. Teile der Wiener Innenstadt wirkten am Freitagabend wie abgeschaltet. Wer sich innerhalb der Sperrzone des Akademikerballs befand, erlebte eine beklemmende Atmosphäre.
Drinnen stiller Ausnahmezustand, lautstarker Ausnahmezustand draußen: Rund 5000 Demonstranten, Sprechchöre, Emotionen, aufgeheizte Stimmung – und die Erinnerung an 2015, als die Situation eskalierte, als Knallkörper explodierten, Mistkübel aus der Verankerung gerissen und Blockaden errichtet wurden und die Polizei Dutzende Demonstranten festnahm. Und das war noch harmlos im Vergleich zu 2014.
Heuer sollte vieles anders werden. Die Polizei stellte nicht nur 2800 Beamte ab, sondern schickte erstmals auch 29 uniformierte Kamerateams aus, um die Aktivitäten der Protestgruppen zu dokumentieren. Zur „flächendeckenden Beweissicherung und raschen Aufklärung“, wie der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl betonte.
So wenig wie möglich wollte man dem Zufall überlassen. Die Ringstraße diente als Puffer. Menschen- und autoleer vom Stadtpark bis zum Volkstheater trennte er die rechten Burschen- schafter von der linken ProtestMasse. Dazwischen viel Blaulicht und noch mehr Uniformierte.
Wille zur Deeskalation war auch aufseiten der Demonstranten zu beobachten. Fast schon konziliant gaben sich im Vorfeld die Vertreter des Bündnisses „Offensive gegen Rechts“, deren Kundgebungen von der Polizei genehmigt worden waren. Sie bekräftigten, „keine spontanen Blockaden“anzukündigen. Es wurde lediglich auf „zivilen Ungehorsam“verwiesen. Dieser sei zwar „legitim“, wurde aber damit konkretisiert, sich „auf den Boden zu setzen, wenn Ballgäste durchwollen“. Kein Wort von Farbbeuteln oder gar Steinen. Von „Bussen aus Deutschland“sei ebenfalls nichts bekannt, wenngleich man sich über zusätzliche Unterstützung freuen würde.
Zudem hatte sich nach dem Akademikerball im Vorjahr das Bündnis NOWKR aufgelöst, dessen Vertreter 2015 zur Gewalt aufgerufen hatten.
Lange vor dem offiziellen Einlass der Ballgäste um 20 Uhr starteten die Demonstrationszüge. Als Treffpunkt für eine gemeinsame Runde um die Sperrzone wurde die Universität auserkoren. Abschlusskundgebungen gingen in der Herrengasse, der Babenbergerstraße sowie auf dem Karlsplatz über die Bühne – allesamt laut, aber friedlich. Kurz nach 18 Uhr setzte sich vor der Universität Wien der Protestzug in Bewegung. Trotz Vermummungsverbot hatten etwa 30 Demonstranten ihre Gesichter verdeckt und zündeten auf Höhe der Börse einige Feuerwerkskörper. Der Rest zog laut skandierend Richtung Stephansplatz. Mit dabei waren Aktivisten in Clownskostümen.
Die Bilanz der Wiener Polizei um 21.23 Uhr: Die Kundgebungen seien „ohne nennenswerte Zwischenfälle“verlaufen. Nur in der Wipplingerstraße seien pyrotechnische Sätze abgefeuert und Polizisten mit Eiern und Bierdosen beworfen worden. Die Beamten nahmen eine Person wegen „aggressiven Verhaltens am Museumsplatz“fest. Später wurden zwei weitere Personen festgenommen – wegen Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung.