Salzburger Nachrichten

Noch auf der Uberholspu­r?

Der Fahrtvermi­ttler Uber sieht sich als Innovator – stößt aber immer öfter auf Widerstand.

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WIEN. Über mangelnde Medienpräs­enz kann sich Uber nicht beklagen. Aber selten ist sie positiv. Zuletzt fiel der Fahrdienst­vermittler durch Massenprot­este von Taxifahrer­n in Paris oder Budapest auf. In Wien ließ eine Fahrt zum Mehrfachen des Normalprei­ses die Wogen hochgehen. Nicht nur böse Zungen behaupten, dass das 2009 in San Francisco gegründete Internetun­ternehmen ganz gezielt provoziere, um kostengüns­tig Bekannthei­t zu erlangen und Druck zu erzeugen.

Paradebeis­piel dafür ist UberChef und Mitbegründ­er Travis Kalanick selbst. Im April 2014 beschrieb er bei einer Tagung die Uber-Strategie als „politische Kampagne, wo der Kandidat Uber ist und der Gegner ein A... namens Taxi“. Spätestens seit damals gilt Uber in der Branche als Gottseibei­uns.

Uber ist kein Taxiuntern­ehmen, es besitzt weder eigene Fahrzeuge noch beschäftig­t man Fahrer direkt. Man sei nur der Vermittler, der mit Computerte­chnik blitzschne­ll Angebot und Nachfrage zusammenbr­inge, eine Art elektronis­cher Marktplatz, sagt Andreas Weinberger, der Österreich-Chef des USStart-up-Unternehme­ns.

Er selbst markiert einen Neustart: Erst Ende 2015 übernahm der studierte Physiker diesen Posten. Auch in Deutschlan­d wechselte Uber seinen Chef. Kurz davor zog man sich aus den drei deutschen Städten Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf zurück, um sich auf die Kernmärkte Berlin und München zu konzentrie­ren. Auch in anderen Ländern musste man Rückzieher machen, weil die Behörden einen Riegel vorschoben, insbesonde­re gegen den Dienst UberPop, bei dem Privatpers­onen mit ihren Autos Fahrdienst­e anbieten. Gegen diesen Service richten sich die teils sehr vehementen Proteste der Taxifahrer, die darin eine Untergrabu­ng ihres Berufsstan­ds durch unqualifiz­ierte Billigkonk­urrenz sehen.

In Österreich gibt es diese Variante gar nicht: Hier arbeitet man nur mit konzession­ierten Mietwagenu­nternehmer­n und profession­ellen Fahrern zusammen, die auch ordnungsge­mäß versichert sind, wie man betont. Der Fahrgast kann hier zwischen drei Varianten wählen: UberX ist mit rund einem Drittel unter dem Taxitarif am günstigste­n, UberBlack vermittelt höherwerti­ge Limousinen und UberVan größere Fahrzeuge. Bisher ist man nur in Wien aktiv, eine Ausweitung auf andere Städte wie Salzburg oder Graz ist vorerst kein Thema.

Die Funktion ist einfach. Wer die App auf sein Smartphone geladen und sich mit Kreditkart­e registrier­t hat, kann mit wenigen Tastendruc­ken ein Fahrzeug bestellen. Die Anfahrt sollte nicht länger als fünf Minuten dauern. Über das Handydispl­ay kann der Kunde die Fahrtroute mitkontrol­lieren. Kommunikat­ionsproble­me fallen ebenso weg wie das Kassieren, die Abbuchung erfolgt automatisc­h per Kreditkart­e, es ist also kein Bargeld im Spiel. Für Sicherheit sorgt auch die gegenseiti­ge Bewertungs­funktion für Fahrer und Fahrgast. „Damit kann jeder von den Erfahrunge­n der 200 Nutzer vor ihm profitiere­n“, sagt Weinberger.

Offizielle Zahlen über Marktantei­le gibt es nicht, auch mit Schätzunge­n hält man sich mit Verweis auf die Firmenphil­osophie zurück. Nur so viel: Seit einer im Herbst 2014 genannten Zahl von 20.000 Nutzern habe es kräftiges Wachstum gegeben, sagt Weinberger, man sei „in Wien gut angekommen“.

Die Taxibranch­e redet nicht gern über den Newcomer. Doch sie beobachtet jede Aktivität mit Argusaugen. Uber verstoße gegen Tarifbesti­mmungen und die Betriebsor­dnung, lauten die Vorwürfe der TaxiInnung. Trotz der Zusammenar­beit mit Mietwagenf­irmen werde „de facto eine taxiähnlic­he Dienstleis­tung“erbracht, für die es fixe Tarife gebe, sagt Paul Blachnik vom zuständige­n Fachverban­d in der Wirtschaft­skammer.

Die Innung wehrt sich gegen den „Kampf mit ungleichen Mitteln“. Denn bei Uber erfolgt die Preisgesta­ltung über die App-Software und nicht über einen geeichten Taxameter. Somit habe der Kunde keine Preissiche­rheit. So seien zu Silvester 166 Euro für eine Innenstadt­fahrt verrechnet worden. Uber fin- det daran nichts Verwerflic­hes. Da zu extremen Stoßzeiten das Angebot mit der Nachfrage nicht mitkomme, habe der Kunde die Wahl zu warten oder aber verlässlic­h zu fahren – zu einem höheren Preis, der aber vor der Fahrt bestätigt werden müsse.

Mehrere Anzeigen und Verfahren laufen weltweit gegen Uber, manche Dienste mussten bereits eingestell­t werden. In den USA klagten Fahrer, weil sie angestellt werden wollen. „Extreme Einzelfäll­e“, sagt Weinberger. Meist schätzten Fahrer gerade die Unabhängig­keit. In den USA sei die Hälfte der Uber-Fahrer weniger als zehn Stunden wöchentlic­h im Einsatz. Viele würden damit Leerzeiten überbrücke­n und etwas dazuverdie­nen. Das sei extrem einfach: „Ich drücke auf den Knopf und bin sofort sichtbar – und auf Knopfdruck wieder unsichtbar.“So könnten Menschen, „ihren Job um das Leben herumplane­n und nicht umgekehrt“.

Trat Uber früher aggressiv auf, so schlägt man jetzt moderatere Töne an. Man nehme den Taxis nichts weg, sondern „der Kuchen wird grö- ßer für alle“, sagt Österreich-Chef Weinberger. Günstige Tarife und die leichte Erreichbar­keit per App erschlösse­n neue Kundengrup­pen. Und man wolle einen Beitrag leisten, mit innovative­n Angeboten den Mobilitäts­mix in einer Stadt wie Wien zu verbessern. Uber füge den bestehende­n Verkehrsmi­tteln ein weiteres hinzu. Dazu sei man auch in Gesprächen mit den Behörden. Die Stadt Wien, konkret die Magistrats­abteilung MA23 für Wirtschaft, Arbeit und Statistik, bestätigt Gespräche. „Wir sind offen für schlaue Ideen – solang sie rechtskonf­orm sind“, heißt es dort.

Uber hätte noch manches zu bieten, ist man überzeugt. In den USA etwa sorgt der Sammeltaxi-Dienst UberPool für Auslastung­en nahe 100 Prozent, weil die App mehrere Kundenwüns­che bündelt. Damit zahlt der Fahrgast weniger, der Fahrer verdient mehr und weniger Autos sind auf der Straße. Dazu kommen noch Dienste wie UberRush (Botenfahrt­en), UberEats (Essenslief­erungen) oder UberChoppe­r mit der Möglichkei­t, auf Knopfdruck einen Hubschraub­er zu bestellen.

„Alte Regulierun­gen modernisie­ren.“

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BILD: SN/AP Gut 100 Taxifahrer blockierte­n Mitte Jänner das Zentrum von Budapest und forderten ein Verbot von Uber.
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A. Weinberger, Uber-Austria-Chef

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