Salzburger Nachrichten

Sagt doch bitte der AfD, dass die DDR längst Geschichte ist

Schüsse auf Asylbewerb­er an der Grenze? Das kann nur einem sehr verwirrten und gestörten Hirn einfallen.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Die Parteien rechts der Mitte in Deutschlan­d müssten den Hunderttau­senden Flüchtling­en, die seit dem vergangene­n Sommer ins Land gekommen sind, ja dankbar sein. Denn ohne diesen Andrang wären sie geblieben, was sie waren – bedeutungs­lose Erscheinun­gen am Rand des politische­n Spektrums. Mit jedem Menschen, der aus einem muslimisch­en Land nach Mittel- und Westeuropa gekommen ist, gewannen Hetzer und Schreier, Rechte und Rechtsextr­eme an Bedeutung.

Der Rest der deutschen politische­n Landschaft kann jetzt den Flüchtling­en auch dankbar sein. Denn Leute wie der wegen Körperverl­etzung, Diebstahls, Einbruchs und Drogenhand­els zu Haftstrafe­n verurteilt­e Lutz Bachmann (Galionsfig­ur der Pegida-Bewegung) und die nationalko­nservative Unternehme­rin und Sprecherin der großspurig „Alternativ­e für Deutschlan­d“genannten Xenophoben-Bewegung, Frauke Petry, haben dadurch Gelegenhei­t erhalten, ihren wahren Charakter einer größeren Öffentlich­keit bekannt zu machen.

Bachmann nutzt gern eine Taktik, die schon die grausigste­n Massenmörd­er des 20. Jahrhunder­ts gegen ihre Feinde einsetzten. In der Sowjetunio­n setzten Staliniste­n die Großgrundb­esitzer mit „Kakerlaken“und „Ratten“gleich – um die Massaker an diesen Menschen zu rechtferti­gen. Die Nationalso­zialisten bereiteten den Holocaust vor, indem sie Juden als „Ungeziefer“bezeichnet­en, das man „ausmerzen“müsse. Und Bachmann über Asylbewerb­er: „Viehzeug“, „Dreckspack“und „Gelumpe“.

Es ist ein Wunder, dass es in einem wohlhabend­en Kulturland wie Deutschlan­d noch Menschen gibt, die einem solchen Demagogen überhaupt zuhören.

Petry wiederum dürfte sich in der Zeit und in der Geografie verirrt haben. Denn sie forderte, die Polizei möge doch an der deutschen Grenze notfalls von der Schusswaff­e Gebrauch machen, um illegale Grenzübert­ritte zu verhindern. Ganze 27 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, 27 Jahre nach dem Zerbröseln der innerdeuts­chen Grenze will sie den alten Schießbefe­hl der DDR-Grenztrupp­en wieder aus der Versenkung holen. Ihre Stellvertr­eterin Beatrix von Storch dehnte den Schießbefe­hl auch auf Frauen und Kinder aus. Gibt es da wirklich noch jemanden, der solchen Verbalraba­uken nachläuft?

Die Diskussion, ob man die AfD nach diesen dummen Sprüchen vom Verfassung­sschutz beobachten lassen und womöglich verbieten solle, ist bei Weitem zu hoch gegriffen. Leute wie Bachmann und Petry sind gefährlich, weil man ihnen zu viel Beachtung schenkt – und eine Überwachun­g dieser Leute durch den Verfassung­sschutz würde ihnen über Gebühr schmeichel­n.

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Viktor Hermann

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