Die stark Verunsicherten Staaten von Amerika
Eine erste Sichtung des Kandidatenfelds ergibt: Nur Hillary Clinton hat die politische Kompetenz für das Weiße Haus. Es ist Zeit für die erste US-Präsidentin.
Mit Überraschungen haben die Vorwahlen in den USA begonnen. Die Abstimmungen in Iowa sind der Start zu einem langen Rennen, haben aber trotz des schmalen Wählersegments Signalwirkung. Bei den Republikanern zeichnet sich im Ringen um die Präsidentschaftskandidatur zunächst ein Dreikampf ab. Bei den Demokraten bleibt Hillary Clinton die Favoritin, der Bernie Sanders allerdings auf erstaunliche Weise Paroli zu bieten vermag.
Dieser Wahlkampf-Auftakt wird beherrscht von dem Getöse, das Kandidaten wie Ted Cruz oder Donald Trump erzeugen. Aber weder den radikalen Ideologen Cruz noch den erratischen Entertainer Trump will man sich ernsthaft an der Spitze der Weltmacht vorstellen.
Es ist freilich die Stunde der Populisten auch in den USA. Sie beuten eine vorherrschende Stimmungslage in den Verunsicherten Staaten von Amerika aus: Es ist der Affekt gegen das Establishment in Washington. Es ist die Wut auf eine politische Elite, die sich abkapselt von den Normalbürgern. Es ist die Abstiegsangst auch von Angehörigen der Mittelklasse, denen es immer schwerer fällt, über die Runden zu kommen, während die Reichen immer noch reicher werden.
Weshalb ausgerechnet ein Multimilliardär wie Trump sich als Anwalt der sozial Schwachen in Szene setzen kann, ist kaum nachzuvollziehen. Ebenso wie die Erwartung der von ihm umworbenen Wutbürger, dass ausgerechnet einer aus den Reihen der Republikaner ihr Schicksal zum Besseren wenden soll, die bisher kaum für eine ausgeprägte Sozialpolitik bekannt gewesen sind.
Aber bei all dem Wirbel, den Trump und Cruz machen, gerät fast in Vergessenheit, dass die Wahlen in den USA normalerweise in der politischen Mitte entschieden werden. Die Ab- stimmungen in Iowa könnten ein erster Fingerzeig sein, dass diese Regel auch diesmal gilt. Denn Marco Rubio, Senator aus Florida, hat bei den Republikanern stark abgeschnitten. Er hat den Segen der Parteielite. Er könnte die verschiedenen Flügel der Republikaner zusammenführen, aber auch im Wettstreit mit den Demokraten wählbar sein für eine Mehrheit der US-Bürger.
Auch Rubio ist ein Konservativer, aber weniger schrill. Außenpolitisch ein Falke, der für eine Stärkung des Militärs eintritt. Sohn kubanischer Einwanderer, der um die Stimmen der wählerwichtigen Latinos werben kann. Als 44-Jähriger das Gesicht einer neuen Generation. Folglich ein starker Gegner der erfahrenen Hillary Clinton, die den Ruf hat, schon lang zum politischen Establishment zu gehören.
HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM