Technische Hilfen für die Schiedsrichter
„Ich finde es unerträglich, dass die vier, die das Spiel leiten, es nicht wissen. Aber jeder, der ein Smartphone dabeihat, weiß es zehn Sekunden später.“DortmundTrainer Thomas Tuchel hat das Dilemma des Fußballschiedsrichters der Gegenwart auf den Punkt gebracht.
Dabei war Tuchels Elf am Samstag der Nutznießer jener Fehlentscheidung gewesen, die eine neue Debatte über die Notwendigkeit des Videobeweises angefacht hat. Das Abseitstor von Pierre-Emerick Aubameyang war peinlicherweise sogar auf der Videowand im Stadion zu sehen.
Doch die Zeiten, in denen die Schiedsrichter sich nur auf ihr Auge verlassen müssen, sind vielleicht schon bald vorbei. Anfang März entscheidet die IFAB, das RegelGremium des Fußballweltverbandes FIFA, ob es offizielle Tests mit dem Videobeweis geben wird.
Es wäre der nächste Schritt in einer rasanten technischen Entwicklung. Nachdem sich die Spielleiter fast 150 Jahre lang auf ihr Auge verlassen mussten, wurde bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland erstmals die Funkverbindung der Schiri-Teams über Headsets eingesetzt. Als nächster Schritt folgte die Torlinientechnik, die eindeutig klären kann, ob ein Tor zu geben ist oder nicht.
Doch strittige Torszenen kommen selten vor. Ein Videoschiedsrichter für Handspiele, Abseitsentscheidungen oder Fouls aber könnte bei jedem Match mehrfach eingreifen müssen. Daher plädieren Aktive und Trainer auch dafür, die Hilfe klar zu reglementieren. „Es sollte nicht alle fünf Minuten deshalb unterbrochen werden“, sagt Red-Bull-Salzburg-Trainer Óscar García. Ähnlich sieht es sein Kollege bei Austria Wien, Thorsten Fink: „Wenn der Verein einmal pro Spiel die Möglichkeit hat, draufzuschauen, finde ich es sehr gut.“
Experimentiert wird mit dem Videobeweis bereits seit zwei Jahren in der niederländischen Ehrendivision. Dort sitzt ein zusätzlicher Schiedsrichter mit Blick auf alle Kamerabilder in einem Übertragungswagen. Nur der letzte Schritt – Kontaktaufnahme zum Schiri auf dem Platz – blieb bislang noch aus. Für ein solches System spricht, dass sich die Kosten in Grenzen halten. Denn die notwendigen Kameras sind dank TV in den Topligen bereits jetzt im Einsatz.
Die Sorge, dass es dann zu minutenlangen Pausen für die Entscheidungsfindung kommt, dürfte unbegründet sein. Der deutsche ExFIFA-Referee Markus Merk sitzt als TV-Experte von Sky selbst im ÜWagen und sagt mit Blick auf die Fingerfertigkeit der Bildregisseure: „Das geht alles rasend schnell.“In zehn bis 15 Sekunden könne der Schiedsrichter informiert werden. Es ist alles bereit für die große Revolution. Fest steht nur eins schon jetzt: Auf die Videoleinwand im Stadion werden die Beweisszenen nicht übertragen werden. Chip im Ball Das System „GoalRef“des Fraunhofer-Instituts arbeitet mit Magnetfeldern. Trotz positiver Tests durch die FIFA ist die Technologie nirgendwo regulär in Einsatz genommen worden. Torlinientechnik Das im Tennis schon bewährte System „Hawk-Eye“eines britischen Entwicklers basiert auf Bildern von mindestens vier Kameras im Stadion. Verwendet wird es in der englischen Premier League (seit 2013) und in der deutschen Bundesliga (seit 2015). Beim Konkurrenzprodukt „Goalcontrol“aus Deutschland werden sogar sieben Kameras verwendet. Kunden sind die FIFA (WM 2014, Klub-WM) und die französische Ligue 1. Videobeweis In den Niederlanden münden die Experimente ab der neuen Saison in offizielle Tests. Mindestens sechs Kameras unterstützen die Referees bei strittigen Szenen bezüglich Toren, Elfmetern und Platzverweisen.