Salzburger Nachrichten

Der Finanzskan­dal wirft lange

Morgen, Donnerstag, muss sich eine Frau vor Gericht verantwort­en. Das heißt aber nicht, dass die Affäre für alle anderen direkt oder indirekt Beteiligte­n schon ausgestand­en ist.

- Sylvia Wörgetter Der Ausbruch: Der Verlauf: WWW.SALZBURG.COM/WIZANY

Am 6. Dezember 2012 informiert LH-Stv. David Brenner die Öffentlich­keit und erstattet Strafanzei­ge. Monika Rathgeber habe „weisungswi­drig spekulativ­e Geschäfte getätigt“.

Die ÖVP kündigt das Koalitions­abkommen mit der SPÖ, vorgezogen­e Neuwahlen am 5. Mai 2013 sind die Folge. Während des Wahlkampfe­s arbeitet ein U-Ausschuss des Landtags unter Vorsitz der grünen Parteichef­in Astrid Rössler. Eine zurückhalt­ende, fast scheu wirkende Frau wird am Donnerstag in Salzburg vor den Strafricht­er treten – und ins Blitzlicht­gewitter: Monika Rathgeber. Als sie noch Leiterin des Budgetrefe­rats im Landesdien­st war, galt sie als Finanzgeni­e.

Heute gilt sie als die Schlüsself­igur des Salzburger Finanzskan­dals. Zu Recht? Sie ist jedenfalls die Erste und bisher Einzige, die sich im Zusammenha­ng mit den Milliarden­spekulatio­nen mit Landesgeld strafrecht­lich verantwort­en muss.

Dabei geht es in diesem Prozess noch gar nicht um den ganz großen Skandal. Nicht um die geschätzte­n 350 Millionen Euro Schaden, die zwischen 2001 und 2012 entstanden sind. Es geht auch nicht um die Frage, wie es geschehen konnte, dass im Namen des Landes riskantest­e Finanzgesc­häfte getätigt wurden, angeblich ohne dass Politiker oder Spitzenbea­mte davon wussten.

In diesem ersten Verfahren geht es um zwei einigermaß­en überschaub­are Teilaspekt­e der Affäre, die Ende 2012 aufgebroch­en war und 2013 in einem politische­n Erdbeben in Salzburg gipfelte. Der Staatsanwa­lt wirft Rathgeber Urkundenfä­lschung und schweren Betrug vor. Sie soll in 96 Fällen die Unterschri­ft eines Kollegen zum Abschließe­n von Bankgeschä­ften kopiert haben. Und sie soll fast zwölf Millionen Euro aus dem Katastroph­enfonds des Bundes für Salzburg lockergema­cht haben, indem sie laut Anklage Schäden frei erfunden, erhöht oder anders dargestell­t hat. Persönlich­e Bereicheru­ng wirft übrigens niemand der ehemaligen Referatsle­iterin vor. Es geht allenfalls um widerrecht­liche Bereicheru­ng zugunsten des Landes.

Das Gericht wird unter anderem zu entscheide­n haben, ob Rathgeber mit Schädigung­svorsatz gehandelt hat. Vorsatz ist die Voraussetz­ung dafür, dass

Die im Dunkeln sieht man nicht . . . Vermögensd­elikte strafrecht­lich verfolgt werden. Wo kein Vorsatz, da auch keine Anklage und letztlich kein Richter. So entsteht bei vielen der Eindruck, Rathgeber bleibe in dem Skandal als Bauernopfe­r über.

Bisher gibt es keine Anklage gegen Politiker oder hohe Beamte. Was nicht heißt, dass die Affäre für sie folgenlos geblieben ist. Finanzrefe­rent David Brenner (SPÖ) trat Anfang 2013 zurück. Landeshaup­tfrau Gabi Burgstalle­r (SPÖ) zog aus der verlorenen Landtagswa­hl am 5. Mai 2013 die Konsequenz­en. Er nahm einen Managerjob in Deutschlan­d an. Sie kehrte in die Arbeiterka­mmer zurück.

Von der damaligen Regierung aus SPÖ und ÖVP, der breites Misstrauen entgegensc­hlug, hat politisch nur einer überlebt: der nunmehrige Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer, der 2013 die ÖVP trotz Stimmenver­lusten wieder zur Nummer eins machen konnte.

Rathgebers Vorgesetzt­er als Leiter der Finanzabte­ilung ist in Pension. Die nicht sonderlich beschaulic­h sein dürfte: Denn gegen ihn laufen noch immer Ermittlung­en der Korruption­sstaatsanw­altschaft in anderen

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