Die Schweizer Alp-Träume eines Hirten
Ein Student aus Lofer erlebte Grenzsituationen. Er kommt nicht davon los.
LOFER. Das Paradies? Manchmal misst es bloß fünfeinhalb Quadratmeter. Ein Lager, eine Matratze, ein wenig Wärme in einer winzigen Behausung in den Bergen. Und dennoch kann es der Ort sein, um wieder Kraft und Mut zu sammeln, während draußen der Sturm tobt.
Für Norbert Brandtner (34) aus Lofer hatte das Paradies letzten Sommer oft nur diese bescheidenen Maße. Er teilte es mit seiner Hündin Pina. Sein Arbeitsbereich in den Schweizer Bergen zog sich von 1500 bis hinauf auf 2500 Meter. 800 Tiroler Bergschafe gut durch den Alpsommer zu bringen. So lautete der Auftrag. „Das Schlimmste? Das war, bei Schneesturm in einer Felswand zu hängen und sehen zu müssen, wie neben dir Tiere in die Tiefe stürzen“, erzählt er.
Solche Erfahrungen, die Einsamkeit und oft ein Gefühl, völlig ausgesetzt zu sein, setzen ihm hart zu. Brandtner beschreibt sich selbst als ruhig und gelassen. „Aber irgendwann arbeitet die Zeit gegen dich. Du bist ganz auf dich zurückgeworfen. Das nagt an deinem Gemüt.“
Es war ein ständiges Wandern durch zerklüftete Seitentäler des Oberalppasses im Kanton Graubünden. Bis zu 13 Stunden täglich. Egal ob bei Regen, Schneefall oder blitzblauem Himmel. Kein Handyempfang, kein warmes Wasser, kein Strom. Und vor allem keine Menschenseele weit und breit, mit der er hätte ein Wort wechseln können.
„Nur keinen Fuß brechen“, denkt sich der Student der Forstwissenschaften immer dann, wenn er mit seiner Herde in neue Weidegebiete aufbricht. Und erlebt dann diese unglaublichen „Konzerte“, wenn seine 800 Begleiter blökend losmarschieren.
Fünfeinhalb Monate geht das alles so. Der angehende Diplomingenieur hält durch. Die harte Erfahrung lässt in seiner Seele etwas anklingen. Deshalb wird er auch heuer wieder Schafhirte in den Schweizer Alpen sein.
Im Theater Lofer lässt er am Samstag, 6. 2., die Zuhörer an seinen „Schweizer Alp Träumen“teilhaben. Beide Vorstellungen sind ausverkauft. Aber es gibt im Herbst ein weiteren Vortrag. In Unken. Mit seinen musikalischen Freunden. Das sind Katrin Unterlercher an der Harfe und Werner Unterlercher (ein Herbert-Pixner-Partner) am Kontrabass.
Bis Mai will Brandtner nun sein Forstwirtschaftsstudium abschließen. Dann aber kehrt er zurück in die Schweizer Alpen.
„ Irgendwann arbeitete die Zeit gegen dich. Das nagt an deinem Gemüt.“