Schweden will fast 50 Prozent der Asylbewerber abschieben
Das bisher großzügige EU-Land ändert rigoros den Kurs in der Flüchtlingspolitik und wird Modell für andere Staaten.
Österreich will 50.000 abgelehnte Asylbewerber bis zum Jahr 2019 abschieben. Auch Schweden und Finnland haben ähnliche Schritte angekündigt. Andere EU-Staaten planen vorerst keine größeren Abschiebeaktionen, viele setzen jedoch auf freiwillige Rückkehr.
Schweden
In dem skandinavischen Land könnten von rund 163.000 im vergangenen Jahr angekommenen Asylbewerbern bis zu 45 Prozent abgeschoben werden – laut Regierung 60.000 bis 80.000 Menschen. Allerdings zeichnen sich erhebliche Probleme ab.
„Grob gerechnet sind ein Drittel der abgelehnten Asylbewerber sogenannte schwere Fälle, in denen man sich weigert zu gehen – und in denen keine ausreichenden Dokumente vorliegen, um die Ausweisung durchzuführen“, sagte Mikael Ribbenvik von der Migrationsbehörde dem schwedischen Radio.
Finnland
Bis zu 60 Prozent der rund 32.000 Menschen, die hier um Asyl ansuchten, will der nordeuropäische EU-Mitgliedsstaat Finnland abschieben. Das wären etwa 20.000 Asylbewerber. Dagegen gibt Dänemark nicht bekannt, wie viele der rund 21.000 Asylbewerber, die 2015 nach Dänemark kamen, abgeschoben werden könnten. Auch der finnische Nachbar Norwegen bezifferte bis jetzt noch nicht, wie viele der gut 31.000 Asylbewerber mit Abschiebung rechnen müssen.
Deutschland
Die Bundesrepublik will kriminelle Ausländer leichter aus dem Land schicken und Asylbewerbern eher als bisher ein Bleiberecht verweigern, wenn sie straffällig werden. Dazu werden im Aufenthaltsgesetz die bisher geltenden Schwellen für mögliche Ausweisungen gesenkt – zumindest bei bestimmten Delik- ten. Künftig können schon Freiheitsstrafen von wenigen Monaten zur Ausweisung führen – auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt sind. In Köln hatten in der Silvesternacht Gruppen von muslimischen Männern vor allem aus Maghrebländern Frauen umzingelt, bestohlen und sexuell bedrängt. Unter den Verdächtigen waren nach den bisherigen Erkenntnissen auch Asylbewerber.
Italien
Viele Flüchtlinge betrachten Italien nur als Transitland, weshalb dort weniger Menschen Asyl beantragen als etwa in Deutschland, Österreich oder Schweden. 2015 waren es laut offiziellen Zahlen 79.900 Menschen. 66.000 dieser Anträge wurden geprüft, 42 Prozent der betroffenen Menschen erhielten tatsächlich Schutz. Abgelehnte Asylbewerber sollen laut Angaben des Innenministeriums möglichst in die Heimatländer zurückgeschickt werden.
Frankreich
In beiden Kammern des französischen Parlamentswird über eine neue gesetzliche Grundlage für Abschiebungen diskutiert. Der Druck ist durch die niedrigen Flüchtlingszahlen gering. 2015 beantragten knapp 80.000 Menschen Asyl in Frankreich, die Quote der anerkannten Asylsuchenden lag bei 31 Prozent. In einer Umfrage sprachen sich 77 Prozent für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus.
Griechenland
In Hellas liegt eine Zahl für geplante Abschiebungen nicht vor. „Am liebsten alle, die keinen Anspruch auf Asyl haben“, heißt es aus Regierungskreisen. 2015 kamen laut dem Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) gut 856.000 Migranten an, die meist weiter Richtung Norden zogen. Etwa 15.000 blieben nach Ministeriumsangaben in Griechenland. Ver- suche, Migranten etwa in die Türkei zurückzuschicken, liefen weitgehend ins Leere: „In den vergangenen Wochen sind 60.000 aus der Türkei gekommen. Nur 123 wurden trotz Rückführungsabkommens von der Türkei akzeptiert“, sagte zuletzt der für Migration zuständige Vizeminister Ioannis Mouzalas.
Polen
Der Großteil der Flüchtlinge in Polen kommt aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, vor allem Tschetschenien. Größere Abschiebeaktionen gibt es nicht; die Behörden versuchen, abgelehnte Flüchtlinge/Asylbewerber zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen. Im Oktober 2015 wurden nur vier Menschen als Flüchtlinge anerkannt, acht Antragsteller durften als „toleriert“im Land bleiben, 192 wurden abgelehnt. Die größte Zahl der Anträge, nämlich 922, wurden „eingefroren“: Asylbewerber zogen ihre Anträge angesichts einer bevorstehenden Ablehnung zurück.