Salzburger Nachrichten

Schafes Bruder

Ein Film aus Island erzählt von schweigsam­en Brüdern und einer Tragödie.

- Sture Böcke. Tragikomöd­ie, Island/Dänemark 2015. Regie: Grímur Hákonarson. Kamera: Sturla Brandth Grøvlen. Mit Sigurður Sigurjónss­on, Theodór Júlíusson. Start: 5. 2.

WIEN. Es gibt diesen gewissen nordischen Humor, der so gut ankommt im Kino. Da wird meist innerlich schmunzeln­d von der Einsamkeit und Depression schrullige­r Charaktere berichtet, die schließlic­h von der wahren Liebe gerettet werden. Der isländisch­e Film „Sture Böcke“, in Cannes in der Schiene „Un Certain Regard“mit dem Hauptpreis ausgezeich­net, klingt aufs erste Hinhören genau so. Das ist aber ein Irrtum: Grímur Hákonarson­s Film handelt von zwei wildbärtig­en Brüdern, die seit 40 Jahren nicht mehr miteinande­r sprechen. Warum, das haben sie selbst vergessen. Die beiden züchten Schafe, einmal gewinnt der eine den Bewerb um den schönsten Zuchtbock, dann der andere. Es ist eine besondere, alte Schafsrass­e, die nur hier in der Gegend noch gehalten wird.

Dann entdeckt der jüngere, Gummi (Sigurður Sigurjónss­on), dass der Siegerbock seines großen Bruders Kiddi (Theodór Júlíusson) Scrapie hat, einen unheilbare­n Virus ähnlich BSE. Die Entdeckung ist eine Tragödie für das ganze Tal. Und sie bedeutet, dass die beiden Brüder, der eine regeltreu, der andere ein Revoluzzer, wieder miteinande­r sprechen müssen.

Von „tragisch-komischem Humor“spricht Regisseur Hákonarson bei seinem Film. Doch vor allem ist da eine große Melancholi­e und Zärtlichke­it zur Kreatur, wenn Gummi, der seinen Lieblingsb­ock zuvor noch in der eigenen Badewanne gewaschen hat, alle 147 Schafe eigenhändi­g erschießt, weil er sie auf dem Hof begraben will. Und dann heulend im Stall vor dem Berg aus toten Schafen sitzt und auf die Tierärztin wartet.

Es ist ein Film, der von seinen Zuschauern das erwartet, was auch seine Protagonis­ten können müssen: wachsam sein, und die Dinge manchmal einfach zulassen. Der Lohn sind besondere Momente, für die man genau hinschauen muss, sogar noch beim Nachspann, in dem die Schafe aus dem Film genauso namentlich aufgeliste­t werden wie die Schauspiel­er. Wolle hin, Wolle her, im Eissturm frieren sie alle.

Film:

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BILD: SN/POLYFILM Wer hat die schönsten Schäfchen? Szene aus der preisgekrö­nten isländisch­en Tragikomöd­ie „Sture Böcke“.

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