Schafes Bruder
Ein Film aus Island erzählt von schweigsamen Brüdern und einer Tragödie.
WIEN. Es gibt diesen gewissen nordischen Humor, der so gut ankommt im Kino. Da wird meist innerlich schmunzelnd von der Einsamkeit und Depression schrulliger Charaktere berichtet, die schließlich von der wahren Liebe gerettet werden. Der isländische Film „Sture Böcke“, in Cannes in der Schiene „Un Certain Regard“mit dem Hauptpreis ausgezeichnet, klingt aufs erste Hinhören genau so. Das ist aber ein Irrtum: Grímur Hákonarsons Film handelt von zwei wildbärtigen Brüdern, die seit 40 Jahren nicht mehr miteinander sprechen. Warum, das haben sie selbst vergessen. Die beiden züchten Schafe, einmal gewinnt der eine den Bewerb um den schönsten Zuchtbock, dann der andere. Es ist eine besondere, alte Schafsrasse, die nur hier in der Gegend noch gehalten wird.
Dann entdeckt der jüngere, Gummi (Sigurður Sigurjónsson), dass der Siegerbock seines großen Bruders Kiddi (Theodór Júlíusson) Scrapie hat, einen unheilbaren Virus ähnlich BSE. Die Entdeckung ist eine Tragödie für das ganze Tal. Und sie bedeutet, dass die beiden Brüder, der eine regeltreu, der andere ein Revoluzzer, wieder miteinander sprechen müssen.
Von „tragisch-komischem Humor“spricht Regisseur Hákonarson bei seinem Film. Doch vor allem ist da eine große Melancholie und Zärtlichkeit zur Kreatur, wenn Gummi, der seinen Lieblingsbock zuvor noch in der eigenen Badewanne gewaschen hat, alle 147 Schafe eigenhändig erschießt, weil er sie auf dem Hof begraben will. Und dann heulend im Stall vor dem Berg aus toten Schafen sitzt und auf die Tierärztin wartet.
Es ist ein Film, der von seinen Zuschauern das erwartet, was auch seine Protagonisten können müssen: wachsam sein, und die Dinge manchmal einfach zulassen. Der Lohn sind besondere Momente, für die man genau hinschauen muss, sogar noch beim Nachspann, in dem die Schafe aus dem Film genauso namentlich aufgelistet werden wie die Schauspieler. Wolle hin, Wolle her, im Eissturm frieren sie alle.
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