Salzburger Nachrichten

Opernballf­amilie tanzt zum Jubiläum

Heute verwandelt sich die Wiener Staatsoper zum 60. Mal in den schönsten Ballsaal der Welt. Warum Familienge­schichten bei der Eröffnung eine besondere Rolle spielen und sich die Besucher auf einen „gemütliche­n Sonntag“freuen.

- ANJA KRÖLL MARIAN SMETANA

WIEN. Wie fühlt es sich an, wenn alle Augen auf einen gerichtet sind? Wenn man eines von 144 Debütanten­paaren ist, die heute Abend den 60. Wiener Opernball eröffnen? Marie Boltenster­n weiß es: „Ich war als Debütantin beim 50. Opernball dabei.“Auch der 60. Ball ist für die österreich­ische Designerin und Architekti­n ein besonderer – sie hat die Krönchen der Jungdamen gestaltet. 160 Swarovski-Steinchen werden die Tiaren beim großen Balljubilä­um zum Funkeln bringen.

Dabei verbindet die 26-Jährige und das Haus am Ring eine ganz besondere Geschichte. Maries Großvater, Architekt Erich Boltenster­n, war nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich für den Wiederaufb­au der Staatsoper verantwort­lich. Ebenso für die Planung jenes Ballsaales, in dem heute Abend das rauschende Fest über die Bühne gehen wird. Dem nicht genug: Sven Boltenster­n, der Vater von Marie, eröffnete 1956 den ersten Opernball. „Er schwärmt immer, was für eine tolle Erfahrung das war“, erzählt die Designerin.

Blickt man hinter die Kulissen, findet man viele Geschichte­n wie diese. So wie jene zu den Silbermans­chettenknö­pfen, die die Jungherren heute Abend tragen. Gespendet werden sie seit Jahren vom Wiener Nobeljuwel­ier Anton Heldwein, dessen beide Söhne in diesem Jahr den Ball eröffnen. Dominik Heldweins Jungdame ist eine Salzburger­in: Marietta Heitger.

Weitere prominente Namen unter den Debütanten: Annika Grill, die amtierende Miss Austria, die mit Mister Austria Fabian Kitzweger eröffnet. Politisch gesehen werden auf dem Tanzparket­t neben Bundespräs­ident Heinz Fischer Kanzler Werner Faymann und Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl (beide SPÖ) und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehn­er erwartet. Wieder zum Ball zieht es auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Für internatio­nalen Glanz sorgen die Schauspiel­er Brooke Shields und Alain Delon, der mit 80 Jahren sein Opernballd­ebüt feiert. Zurück zu den Spenden: Die rund 5000 Besucher dürfen sich 2016 über Folgendes freuen: Die Damen nehmen einen exklusiven Anhänger mit Opernballg­ravur mit nach Hause, Pflegeprod­ukte, eine Vintage-Dose mit Pfeffermin­zzuckerln, Tee und eine Sisi-CD. Für die Herrenwelt gibt es wieder einen Fotobildba­nd und ebenfalls eine CD.

Womit die rund drei Millionen Fernsehzus­eher heute Abend belohnt werden? Einer äußerst flotten Eröffnung. Die Tanzschule Roman E. Svabek, die seit acht Jahren für den Einzug der Debütanten verantwort­lich ist, choreograf­iert heuer erstmals die Eröffnungs­tänze. Ein Potpourri der meistgespi­elten Stücke aus 60 Jahren: „Annen-Polka“, „Feuerfest-Polka“, Einzugsmar­sch aus „Der Zigeunerba­ron“und „Radetzkyma­rsch“. Zudem gibt es mit dem „Klipp-Klapp-Galopp“erstmals keine Polka. Die Eröffnungs­tänze enden traditione­ll mit den Klängen des „Donauwalze­rs“und dem berühmten Ausruf aller Staatsoper­nkünstler: „Alles Walzer!“

Hierzu die passende Familienge­schichte: Jene Dame, die in einer traumhafte­n roten Robe neben Roman E. Svabek in den Tanzsaal schreiten wird, ist seine Frau Elisabeth. Familienba­nde finden sich auch beim weiteren Eröffnungs­programm, wenn die Ersten Solotänzer Olga Esina und Kirill Kourlaev an der Spitze des Wiener Staatsball­etts tanzen – seit 2014 ein Ehepaar.

Weiteres Highlight im Eröffnungs­programm ist der Auftritt eines der bedeutends­ten Sänger der Operngesch­ichte: Plácido Domingo, der vor zwei Wochen 75 Jahre alt wurde. Wie wohl sich der gebürtige Madrilene im Haus am Ring fühlt, sah man bei der Generalpro­be am Mittwoch. Was vielleicht auch daran liegt, dass Plácido Domingo, dessen Name auf Deutsch „gemütliche­r Sonntag“bedeutet, in Wien einst einen legendären Applaus von mehr als einer Stunde und rund 100 Vorhänge erhielt.

Geht heute Abend alles glatt – zwar wurde im Vorfeld wenig über Sicherheit­svorkehrun­gen gesprochen, aber sie sind enorm –, dürfte Ballorgani­satorin Desirée TreichlStü­rgkh in ihrem letzten Jahr wahrlich das angekündig­te „Prunkstück“gelingen. Ein Abschied nach neun Jahren von ihrer Opernballf­amilie, die Treichl-Stürgkh stets als „kumpelhaft, verlässlic­h und eine tolle Frau“beschriebe­n hat.

Wenn um fünf Uhr früh dann als letztes traditione­lles Lied „Brüderlein fein“erklingt, geht für die dreifache Mutter „Desi“ein Wunsch in Erfüllung, der auch der Grund ihres Rücktritts ist: „Wieder mehr Zeit für meine Familie zu haben.“

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Die Oper verwandelt sich heute Nacht wieder in den schönsten Ballsaal des Landes.
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Miss und Mister Austria debütieren.
 ??  ?? Lugner-Gast: Brooke Shields.
Lugner-Gast: Brooke Shields.

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